Am Montag findet in Köln die Eyes & Ears Conference statt. Der Verband für Design, Promotion und Marketing der audiovisuellen Medien feiert in diesem Jahr auch noch seinen 20. Geburtstag. Zu diesem Anlass sprach DWDL.de mit der Geschäftsführerin Corinna Kamphausen und Gründungspräsident und Ehrenvorsitzendem Prof. Manfred Becker.

Oft hört man den Satz: Erst der Inhalt, dann die Verpackung. Nach 20 Jahren Eyes & Ears of Europe: Spielt das Design immer noch die zweite Geige?

Manfred Becker: Die Kommunikation der Inhalte muss gestaltet werden und zu den Zuschauern und Usern transportiert werden. Diese Erkenntnis reifte im deutschen TV-Markt Mitte der 90er Jahre nachdem die wilden Jahre des Privatfernsehens einem zunehmenden Wettbewerb wichen, bei dem diejenigen die Nase vorn hatten, die ihre Programme mit dem passenden Look zu verkaufen wussten. Das Wort Verpackung ist zwar grundsätzlich richtig, aber natürlich bei uns Kreativen verpönt. Ich unterrichte an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg und da habe ich am Anfang, das war noch in den 90ern, natürlich auch erlebt, dass die Nachwuchs -Spielbergs aus den Regieklassen die Haltung hatten: „Jetzt mach mir mal schnell einen Titel für den Film“. So war anfangs das Verhältnis der Filmschaffenden zu den Designern. Das änderte sich dann mit unserer Arbeit und Menschen wie Nico Hofmann, die anfingen ihre Werke gekonnt zu verkaufen. Neben anderen war er jemand, der verstanden hatte, dass man auch Kunst verkaufen muss und es darauf ankommt, wie man sie aufbereitet und Lust macht auf die Inhalte. Plötzlich erhielten Filmkonzepte z.B. auch eine Hochglanzbroschüre. Da hat sich dann viel geändert und der jetzige Geschäftsführer der Filmakademie, Thomas Schadt, hat die Bedeutung von Design anerkannt und das, 1998 von uns gegründete Zweitstudium Motion Design, als Studienschwerpunkt fest installiert.

Corinna Kamphausen: Inhalte sind natürlich wahnsinnig wichtig. Ganz klar. Aber gerade in der heutigen Medienlandschaft müssen Inhalte erst einmal gefunden werden. Der Kampf um die Aufmerksamkeit war ja nie spannender. Und da müssen die erzählten Geschichten auf immer mehr Plattformen erst einmal wiedererkennbar präsentiert werden.

Welche Themen beschäftigen die Branche gerade?

Corinna Kamphausen: Storytelling. Es geht darum eine Vielfalt von Ansprachen und Darstellungsformen zu entwickeln, die auf immer neuen Plattformen Marken und Programme wiedererkennbar positionieren.

Manfred Becker: Ich sehe einen großen Optimismus in unseren audiovisuellen Berufsfeldern Design, Promotion und Marketing - weil bei noch so viel Bewegung im Markt und mancher Sorge vor Umwälzungen eins klar ist: Wer auch immer Inhalte zu Konsumenten transportieren will, muss kommunizieren. Der Bedarf an Gestaltung der Projekte auf den unterschiedlichen Plattformen, vom Smartphone bis zur 360 Grad Kinoleinwand, wächst stetig.

Corinna Kamphausen: Wir freuen uns über den intensivierten Wettbewerb durch Anbieter wie Amazon und Netflix, weil neue Impulse im Design in der Regel aus der Offensive und nicht der Defensive entstehen. Wenn also Bewegung in den Markt kommt, ist das auch für die kreative Gestaltung förderlich. Amazon Spots wurden auch im vergangenen Jahr schon bei den Eyes & Ears Awards eingereicht. Wir freuen uns natürlich, wenn wir uns bei den neuen Playern verankern können.

Stehen Sie nicht vor der gleichen Herausforderung wie die linearen Fernsehsender? Es rückt doch die Frage in den Mittelpunkt: Was können nationale Anbieter oder eben Verbände eigentlich ausrichten gegen einen digitalen Wettbewerb der immer internationaler wird?

Corinna Kamphausen: Das ist eine wirklich spannende Frage. Einige neue Marktteilnehmer sehen ja einen globalen Fernsehmarkt. Allerdings hatten wir immer schon amerikanische Unternehmen, die der siegessicheren Auffassung waren, mit einer global einheitlichen Strategie erfolgreich sein zu können. Da wurde oft überschätzt, dass es kulturelle Unterschiede schon allein im Westen gibt. Vom Rest der Welt mal zu ganz zu schweigen. Ich glaube, dass da Europa und Eyes & Ears of Europe für unseren speziellen Bereich eine differenzierte Antwort auf die Herausforderung geben kann. Weil aus unserer Erfahrung heraus eine globale Strategie dann scheitert, wenn sie sich regionalen Gegebenheiten nicht anpasst.

Manfred Becker: Genau das war ja auch die Gründungsidee von Eyes & Ears of Europe. In den 90er Jahren erlebten wir ja die ersten US-Medienkonzerne die ihre Marken siegesgewiss international verbreiteten. Damals gab es - wie heute bei Netflix - auch eine sehr große Faszination bei der Zielgruppe für Marken wie z.B. MTV. Die Positionierung wirkte hochprofessionell, aber es fehlte oft eine Anpassung an regionale Märkte. Und aus dem Wunsch der europäischen Kreativen, dem TV-Imperialismus etwas entgegenzusetzen, ist analog bei den Entwicklern von Design und Promotion die Familie Eyes & Ears entstanden.

"Uns liegt natürlich am Herzen, dass einzelne Marken und der Wettbewerb von Ideen nicht verloren gehen, wenn, egal ob in Köln oder Unterföhring, Verantwortlichkeiten gebündelt werden"

Corinna Kamphausen

Bleiben wir doch mal mit dem Blick zurück auf die Zeit der Anfänge von Eyes & Ears vor 20 Jahren. Wenn wir den Fernsehmarkt damals mit dem heutigen vergleichen, dann dürfte die Blockbildung und Konzentration für einen Kreativverband wie Eyes & Ears of Europe doch nicht gerade eine ideale Entwicklung gewesen sein, oder?

Manfred Becker: Unter der Konzentration leiden die Mitarbeiter. Das weiß ich und kann ich auch öffentlich sagen. Das ist schade. Ich hoffe sehr, dass Marken wie Vox z.B. ihre Eigenständigkeit und ihr über Jahre erworbenes Charisma behalten.

Corinna Kamphausen: Das ist etwas, woran wir als Verband arbeiten müssen. Uns liegt natürlich am Herzen, dass einzelne Marken und der Wettbewerb von Ideen nicht verloren gehen, wenn, egal ob in Köln oder Unterföhring, Verantwortlichkeiten gebündelt werden. Es ist ja eigentlich kurios, dass auf der einen Seite durch neue Marken und Zielgruppen-Angebote diversifiziert wird, aber gleichzeitig gewisse Aufgaben zunehmend zentral gesteuert werden.

Manfred Becker: Umso wichtiger und inspirierender ist da der internationale Blick von Eyes & Ears of Europe etwa bei der neu gestalteten Conference, um auch über den deutschen Tellerrand hinaus zu blicken. Das ist sehr wohltuend. Es gab früher die Maßgabe, dass nur die eigenen Leute präsentieren dürfen. Da waren dann oft die Mediengruppe RTL Deutschland, ProSiebenSat.1, ARD und ZDF unter sich.  Dass die Konferenz inzwischen wieder für Inspirationen von außerhalb geöffnet ist, gibt den Teilnehmern einen Mehrwert neuer innovativer Ideen und Konzepte.