Herr Fuhrmann, nach dieser Saison machen Sie Schluss als Field-Reporter bei Sky – nach 25 Jahren. Wenn man jetzt schon mal eine Bilanz ziehen wollte, wie sähe sie aus?

Großartig. Absoluter Traumjob. Ich bin sehr sehr dankbar dafür, dass ich einen Job machen kann, für den viele ihr letztes Hemd geben würden. Ich kann nur sagen: Scheiße, war das geil!

Trotzdem steht Ihr Entschluss fest...

Als ich vor drei Jahren gefragt wurde, wie lange ich das noch machen will, habe ich geantwortet, dass das Ende der Rechteperiode ein guter Anhaltspunkt ist. Als wir im Juli noch einmal zusammensaßen, spürte ich, dass jetzt mal gut ist. Irgendwann muss ja auch mal Schluss sein.

Den typischen Karriereweg haben Sie ja sowieso nicht bestritten.

(lacht) Nee. Bei allem, was ich im Leben gemacht habe, wusste ich nie, wie es enden würde. Aber ich hatte stets große Lust darauf. Ich bin nicht der Typ, der sagt, dass er mit 35 das Sportstudio moderieren möchte oder ein Haus baut und einen Porsche fährt. Alles, was ich gemacht habe, habe ich super gerne gemacht. Ich war mit 16 gerne DJ, habe total gerne Deutsch und Geografie studiert, auch wenn ich später keinen Job bekommen habe. Ich habe ebenso gerne meine politische Seite im Bundesausschuss entdeckt, am Windsurfcup teilgenommen oder beim Radio gearbeitet. Das war alles ohne Ziel. Gerade im Fernsehen wusste ich ja nie, was da auf mich zukommt.

Haben Sie ein großes Selbstbewusstsein?

Ja, das habe ich wirklich. Das habe ich vor allem in den ersten Jahren bekommen, als ich mein Wirtschaftsabi geschafft und die Diskothek gemacht habe. Wenn du dann in der Politik noch lernst, vor 10.000 Menschen zu reden, wo ich teilweise gar nicht mehr wusste, was ich gesagt habe, kommt das Selbstvertrauen fast von selbst. Du hast fünf bis sechs gute Ideen im Leben und für die musst du dann für dich auch einsetzen.

Eine der besten Ideen war es wahrscheinlich, bei Premiere angeklopft zu haben.

Der entscheidende Punkt war, dass ich beim Radio aufgehört habe, weil die auf Schlager umgestellt haben und ich das im Alter von 42 Jahren nicht ertragen konnte. Ein halbes Jahr zuvor ging Premiere an den Start und ich habe einfach mal nachgefragt, ob sie das mit den Leuten wirklich schaffen. Dann wurde ich eingeladen mit den Worten, dass die immer welche brauchen. Und so stand ich da, ohne Ahnung vom Fernsehen. Auch dort wusste ich nicht, wohin die Reise geht.

Und mit der Zeit kam die Routine?

Es ist viel Sicherheit dabei. Man muss aber immer aufpassen, denn es gibt nichts, was es nicht gibt. Du musst immer eine gewisse Anspannung haben und konzentriert sein, sonst wird das nichts. Es wird von einem Reporter erwartet, dass er die Geschichten kennt und weiß, wovon man redet. Und natürlich auf dem Punkt ist, wenn es darauf ankommt.

"Ich liebe aber natürlich die unberechenbaren Sachen."

Gibt es spezielle Interview-Typen, die Sie in Ihrer langen Karriere am Mikrofron hatten?

Es gab alles. Es gab Schüchterne, Selbstbewusste, clevere Leute, medienaffine Menschen, Schleimige. Man muss aber bei jedem, der vor einem steht, wissen, dass er emotional vom Spiel aufgeladen ist. Darauf musst du reagieren.

Macht es da überhaupt noch Spaß, wenn Spieler immer mehr zu Medienprofis avancieren?

Wenn das im vernünftigen Rahmen abläuft, dann ist alles okay. Ich liebe aber natürlich die unberechenbaren Sachen. Das sind meistens die Gespräche, die sehr unterhaltsam werden können – besonders für die Zuschauer. So wie damals mit Rafael van der Vaart, der mich fragte, ob ich schlecht geschlafen habe.

Ihr unberechenbarster Moment?

Natürlich Schalke. Es gab aber viele Momente. Zum Beispiel, als vier Minuten vor Schluss in meiner ersten Saison Stuttgart in Leverkusen Meister wurde. Kein Mensch hat daran gedacht. Ich auch nicht. (lacht) Plötzlich stürmten 5.000 Menschen den Platz. Eine ganz andere Situation war es, als ich in Köln im Einsatz war und erfuhr, dass der Schiedsrichter Babak Rafati einen Selbstmordversuch unternommen hatte. Da war ich der Erste, der etwas dazu sagen musste. Niemand anderes hatte zu dem Zeitpunkt etwas dazu geschrieben.

Weil Sie gerade Schalke ansprachen: Nervt es Sie eigentlich, dass Sie heute noch auf jene Minuten angesprochen werden, in denen Sie Schalke fälschlicherweise zum Deutschen Meister erklärt haben?

Nein, ich denke, wir haben alle unseren Frieden damit geschlossen. (lacht) Eines ist aber natürlich klar: Ich würde es ihnen gönnen, tatsächlich Meister zu werden. Vielleicht ja an meinem letzten Arbeitstag.

Christoph Harting, der Diskuswerfer, hat zuletzt bei den Olympischen Spielen ein Interview verweigert. Wie sehen Sie die Diskussion?

Respekt und Empathie sind immer wichtig – und es kommt immer mal vor, dass ein Sportler keine Lust auf ein Interview hat. Daher fand ich das auch nicht so schlimm wie die Siegerehrung, bei der mir persönlich zu wenig Respekt vorhanden war. Dann soll der für sich alleine werfen, aber wenn er für sein Land antritt, dann erwarte ich etwas anderes – erst recht, weil er vom Staat bezahlt wird. Das war in meinen Augen respektlos.

Sie waren 25 Jahre bei Premiere und Sky – eine lange Zeit mit vielen Höhen und Tiefen im Pay-TV. Wieso sind Sie stets geblieben?

Weil ich immer daran geglaubt habe. Wie man sieht, habe ich Recht bekommen. Es geht mir nicht darum, immer Recht zu haben, aber ich bin in diesem Fall sehr froh. An dieser Stelle muss ich eine Lanze für meine Kollegen brechen: Wir waren immer sehr professionell, egal für wie viele Zuschauer wir das gemacht haben.

Ihr Kollege Marcel Reif ist bereits weg, Fritz von Thurn und Taxis will ebenso wie Sie nach der kommenden Saison aufhören. Herrscht dann nicht ein echter Typenmangel bei Sky?

Ich hoffe und denke, dass echte Typen nachkommen werden. Man braucht vor allem Leute, die vollkommen hinter dem Job stehen und am Ende genauso wie ich sagen wollen: "Scheiße, war das geil." Grundsätzlich gilt aber auch hier: Niemand ist unersetzbar.

Wie geht’s nach Ihrem Abschied weiter?

Weiß ich nicht. Ich wusste noch nie, was im nächsten Jahr ist. Das werde ich jetzt bestimmt nicht mehr ändern.

Herr Fuhrmann, vielen Dank für das Gespräch.

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