"Ich freue mich sehr, heute hier beim großen Oktoberfest der Medienbranche zu sein - zwischen Roncalli-Zelt, Riesenrad und Dauerbaustelle", sagt Oliver Kalkofe auf der Blue Stage des House of Communication im Münchener Werksviertel. "Ich glaube, besser kann man die Branche momentan nicht zusammenfassen." Nach Kulturstaatsminister Wolfram Weimer und dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder lag es an ihm, den Vormittag vor der "Elefantenrunde" aufzulockern.
"Ich möchte über zwei wichtige Themen sprechen, die gerade in den Medien immer wieder diskutiert werden. Zwei Themen mit den drei großen K: KI und Cancel Culture, bayerisch geschrieben. Keine Kohle ist auch noch eins, aber das ist wieder eine andere Baustelle", so Kalkofe - und beginnt mit der Frage, was man heute noch sagen dürfe: "Früher durfte man ja noch alles sagen, heißt es. Also ich bin jemand, der damals schon da war. Als 'Schweinchen Dick' abgesetzt wurde, war das mein erster Kontakt mit Cancel Culture - mit nur acht Jahren. Das hat wirklich ein Trauma ausgelöst bis heute. Ich will gar nicht noch davon reden, dass 'Scheibenwischer' 1986 vom BR abgeschaltet wurde."
Vom schnellen Gag dann zu mehr Tiefgang: "Wir dürfen den Menschen die Scheu nehmen, vor dem Sprechen ruhig einmal nachzudenken. Das ist gar nicht so schlimm. Wenn man allerdings weiß, dass man etwas zu sagen hat und das auch tut, dann soll man auch dazu stehen. Und ich meine damit auch vor allem die Verantwortlichen in den Direktionen und Redaktionen, die viel zu oft vor Schreck die eigenen Leute vor den Bus werfen, wenn sie Angst davor haben, dass es unruhig wird. Und deswegen sage ich, wir müssen aufhören mit dieser eben vorauseilenden Angst vor Kritik. Wer im Shitstorm panisch zappelt, macht es nur noch schlimmer. Merken wir uns das vielleicht und akzeptieren einfach einmal eine Kontroverse, auch wenn sie nervt."
Und dann die Künstliche Intelligenz. "Eigentlich toll", so Kalkofe. "Es gibt fantastische technische Tools, die uns das Arbeiten erleichtert haben. Ich meine, was heute alles möglich ist. Heute kann man in wenigen Minuten zum Beispiel ein Video erstellen, wie man im Kampfjet riesige Kübel Kacke auf Menschenmassen wirft. Ist das nicht toll? Aber dieser Segen der KI kann für uns auch gefährlich sein: Wir sehen, dass immer mehr Menschen durch KI ersetzt werden. Warum machen die Medienbetriebe das? Klar, weil die KI noch nicht gelernt hat, Urlaub oder Gehaltserhöhung zu fordern."
Kalkofes Impuls, verbunden mit einer Forderung nach mehr Tempo in Medienpolitik und Regulierung, die bei den Medientagen schon am ersten Vormittag noch häufiger zur Sprache kam: "Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, wird nicht die KI uns ersetzen, dann sorgen wir schon selbst für unsere eigene Überflüssigkeit. Wir brauchen deswegen dringend Regulierungen und Regeln für den Umgang, denn wir sehen: KI lernt schneller als wir diskutieren. Und deswegen ist meine Bitte: Sorgen wir dafür, dass wir nicht am Ende eine Zukunft erschaffen, die uns selbst abschafft."