Wer hätte gedacht, dass Vox im April 2015 den Boom eines bis dato neuen TV-Genres auslösen würde? Vermutlich noch nicht einmal im Sender selbst dürfte man damit gerechnet haben. Doch "Asternweg", eine XXL-Dokumentation über den Kaiserslauterer Kalkofen, einen der ältesten sozialen Brennpunkte des Landes, legte den Grundstein für viele weitere Sozial-Dokus, die in den kommenden Jahren folgten - bemerkenswerterweise nicht bei Vox, sondern vor allem bei RTLzwei, wo Formate wie "Hartz und herzlich" oder "Armes Deutschland" bis heute das Programm prägen.
"Der Asternweg war 2015 die erste abendfüllende Dokumentation im Privatfernsehen, die die Ängste, Sorgen und Nöte von Menschen und Familien erzählt hat, die in Armut in einem sozialen Brennpunkt leben", erinnert sich Vox-Programmchef Marcel Amruschkewitz. Und auch ein Jahr danach, als der Sender schon einmal an den Asternweg zurückkehrte, sei das Interesse an diesen "authentischen, unmittelbaren und stets respektvoll erzählten Geschichten" nicht abgerissen. Seither habe es "immer mal wieder Kontakt in den Asternweg" gegeben, weshalb es nun, zehn Jahre später, "Zeit für eine Bestandsaufnahme" sei.
© RTL/Jörn Strojny
Marcel Amruschkewitz
Andere, wie der damals achtjährige Antony, sind heute volljährig. Er hat inzwischen eine Freundin, die gerne zu ihm in den Asternweg ziehen möchte. Man kann das belächeln oder die Stirn runzeln; doch ein Grund dafür, weshalb "Asternweg" einst auch den Deutschen Fernsehpreis erhielt, war die Tatsache, dass es Vox einst gelang, die Geschichten der Menschen nicht "von oben herab" zu erzählen. An dieser grundsätzlichen Erzählhaltung hat sich auch jetzt nichts verändert, versichert Marcel Amruschkewitz. "Wir werten nicht, sondern bemühen uns, den Alltag so darzustellen, wie er ist – in guten, wie in schwierigen Momenten."
Schwierig sind die Moment aktuell aber auch für die Belegschaft der Produktionsfirma 99pro media, deren Schließung gerade bekannt geworden ist (DWDL.de berichtete). 2015 war es das Leipziger Unternehmen, das bis dato vor allem mit leichten Stoffen wie den Katzenberger-Formaten von sich reden machte. Die Produktion der Fortsetzung hat nun B 28, eine Firma mit Sitz in Berlin, übernommen.
"Menschen eine Stimme geben"
Doch kann ein TV-Format wie "Asternweg" sogar gesellschaftlich oder politisch etwas verändern? Auch wenn gleich die erste Folge ein weitgehend bedrückendes Bild zeichnet, ist der Vox-Programmchef ist davon überzeugt. "Eine TV-Dokumentation kann Menschen eine Stimme geben und Aufmerksamkeit schaffen für Themen, die es sonst schwer haben", sagt Marcel Amruschkewitz zu DWDL.de und erinnert daran, dass auch nach der ersten Ausstrahlung "einiges in Bewegung gekommen" sei. So habe sich damals der karitative Asternweg e.V. um eine Bürgerin aus Kaiserslautern gegründet, der maßgeblich zur Renovierung von Wohnungen beigetragen habe, die jetzt an die Bewohnerinnen und Bewohner übergeben werden konnten. Für eine alleinerziehende Mutter mit sechs Kindern aus dem Asternweg konnte über den Verein außerdem "eine neue, menschenwürdigere Wohnung mit entsprechendem Platz für die Kinder gefunden werden".
Nur zwei Beispiele dafür, dass es hilft, den Scheinwerfer auf soziale Brennpunkte zu richten. "Und sicher", sagt Marcel Amruschkewitz, wird unsere neuerliche Ausstrahlung und die Berichterstattung drumherum auch kommunalpolitisch die Verantwortlichen daran erinnern, genauer hinzuschauen. Denn trotz vieler Bemühungen und Initiativen liegt auch zehn Jahre später noch vieles im Argen."
"Asternweg - 10 Jahre danach", an diesem und dem darauffolgenden Samstag um 20:15 Uhr bei Vox
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