Es war die längste Zeit ein geschlossener Raum: Mehrere Jahre hat es gedauert, bis die Wünsche der Medien erhört wurden und TikTok eine Linkfunktion für Publisher in Erwägung zog. Seit Anfang des Jahres befinden sich verschiedene Marken in der Testphase rund um die Verzweigung aus der Plattform heraus. Damit besteht zum ersten Mal die Möglichkeit, virale Reichweite auf das eigene Digitalangebot zu übertragen – und somit auch eine anteilige Refinanzierung der bisherigen Ressourcen zu ermöglichen.
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Sofern aktiviert, findet sich die Funktion als interaktiver Button oberhalb des Anzeigenamens des jeweiligen Publishers. Der Klick öffnet ein externes Fenster, die Plattform wird nicht direkt verlassen.
Mittlerweile hat sich die Funktion auf TikTok etabliert und das Publikum an die Nutzung gewöhnt. Zeit für einen Schulterblick: Wie sieht die Performance rund um den Lichtblick für digitale Anlaufstellen von Medienmarken aus? Detaillierte Einblicke geben Sophie Peschke für das RND, Chiara Pas von RTL und Tim Schrankel aus dem WDR.
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Sophie Peschke ist Social Team Lead beim Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Dass überhaupt Links verwendet werden, ist jedoch nicht für jedes Medium gesetzt. Zurückhaltung gibt es vor allem im öffentlich-rechtlichen Spektrum. Tim Schrankel erklärt als Product Owner und Host für den WDR-Kanal "nicetoknow": "Uns ist sehr wichtig, dass wir bereits in unseren Videos alle relevanten Informationen nennen. Im Regelfall verlinken wir daher nicht noch zusätzlich auf einen Artikel." Aber es herrschen Ausnahmen. Für Situationen, in denen sich der Informationsstand kontinuierlich ändert, wie etwa bei Eilmeldungen, greift das Team auf die Funktion zurück, um mehr Kontext liefern zu können. Damit stellt die Marken den Informationsfokus bewusst über Reichweitenpotenziale.
Für RND und RTL ist indes klar: Hier handelt es sich um einen Conversionfaktor, man freut sich über die zusätzlichen Klicks auf die eigenen Digitalangebote. Der Erfolg von Weiterleitungen ist jedoch – ähnlich zum Geheimnis der Viralität – noch eine Black Box und fällt entsprechend unterschiedlich aus.
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Chiara Pas ist Channel Ownerin und Host bei RTL Aktuell.
Einen neuen Interaktionstreiber konnte auch der RND identifizieren: Blaulichtmeldungen. Was regelmäßig innerhalb der News-Charts für Furore und hohe Platzierungen sorgt, kann auch im Beitragsvergleich besonders gut das Publikum mobilisieren. Das Medienhaus, das die Funktion gleichzeitig mit diversen Accounts austestet (wie beispielsweise die Märkische Allgemeine, Ostsee-Zeitung, Hannoversche Allgemeine Zeitung, Leipziger Volkszeitung, Sächsische Zeitung), meldet bis zu 1.800 Klicks für ein virales Video mit 3,7 Millionen Aufrufen. Eine Zahl, die sich durchaus sehen lassen kann.
Dass keine exakte Korrelation herrscht, sondern Thema und Aufmachung entscheiden, zeigt die Conversion weiterer Beiträge: So setzen zwei Videos des RND, einmal mit 140.000 und ein weiteres mit 1,2 Millionen Aufrufen, jeweils insgesamt 450 Klicks auf die externen Inhalte um.
Immer mehr Medien erhalten die Funktion
Der Druck hinter den Conversion-Raten ist groß: Medien verdienen im Normalfall wenig bis nichts mit der Bespielung der Social-Media-Kanäle. In der Regel können nur Angebote auf der eigenen Website monetarisiert werden, meistens durch Paywalls oder Werbung. Insgesamt betrachtet könnten 10.000 oder 50.000 Artikelklicks, die fortan potenziell durch TikTok entstehen, für einzelne Medien mindestens interessant, für manche sogar essentiell sein.
Wo geht die Reise hin? Nach Informationen von DWDL.de erhalten immer mehr Medien Zugriff auf die Funktion. Auf Basis dessen liegt nahe, dass die Option in Zukunft für alle Unternehmen freigeschaltet werden könnte. Zu erwarten sind ebenfalls zahlenbasierte Hürden, wie etwa 10.000 oder 100.000 Follower, die einen Missbrauch vorbeugen und die Community schützen sollen.
Gleichzeitig steht Medien frei, die eigenen Inhalte auf eine mögliche Weiterleitung zu optimieren. Bewusst platzierte Handlungsaufforderungen, Hinweise auf weiterführende Informationen oder offene Fragen am Ende eines Videos erhöhen den Anreiz, die Plattform zu wechseln. Wie immer gilt: die Balance muss stimmen.
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