Hier zeigt sich, wie lieb- und gedankenlos die Angebote der Zeitungen auf den Kindle übertragen wurden. Statt mancher getunten iPad-Version einer Tageszeitung entpuppen sich die Kindle-Angebote von "Zeit" und "FAZ" als unattraktive Bündelungen der wichtigsten Texte - ohne Fotos, Grafiken oder Tabellen, die der Kindle theoretisch darstellen könnte, wenn auch weit weniger attraktiv als das iPad natürlich. Doch tragischer ist eben im Inhaltsverzeichnis die Tatsache, dass kurze und kreative Print-Überschriften alleine eben keine wirkliche Orientierung und Navigation erlauben. Man weiß viel zu oft schlicht nicht, was hinter den Headline stecken mag.

 

Vor allem aber verliert Print in dieser Adaption viel von seiner Aussagekraft. Denn wie groß ein Thema aufzogen wird, wie es platziert ist, wie es bebildert wurde - das lässt sich nicht erkennen wenn alle Themen gleich dargestellt werden. Die Orientierung durch Platzierung und Aufmachung geht verloren und macht den Zeitungskonsum via Kindle völlig unattraktiv. Immerhin: Man kann die Zeitungsabo 14 Tage kostenlos testen - erst danach werden die Abos kostenpflichtig. Es empfiehlt sich also rechtzeitig wieder zu kündigen. Solange sich als abseits dieser genormten Darstellungsform für Zeitungen - "Zeit" und "FAZ" sehen exakt gleich - also keine bessere Idee findet, ist das Kindle für Zeitungs- und Zeitschriftenverlage bedeutungslos.

Die Attraktivität des Gerätes selbst soll das jedoch nicht schmälern. Das Lesen von Büchern ist weitaus angenehmer als bei Apples iPad, was an Größe, Gewicht und Display liegt. Das Angebot an eBooks ist zum Start durchaus beachtlich. Solange man jedoch bei der Benutzung stets durch die Menütexte daran erinnert wird, dass der Kindle noch nicht wirklich in Deutschland angekommen ist, bleibt wohl auch der Erfolg in der Masse aus. Wer übrigens beim Kauf der UMTS-fähigen Version des Kindle hofft, mit dem eingebauten Browser kostenlos im Web surfen zu können, muss enttäuscht werden. Die Funktion ist vom deutschen Mobilfunkpartner Vodafone derzeit zumindest deaktiviert. Neben dem Zugriff auf den Kindle Store ist via UMTS nur ein Zugriff auf Wikipedia und wenige ausgewählte Websites möglich. Wer über WLAN online ist, kann frei surfen.

Wobei sich auch hier zeigt: Dafür ist der Kindle nicht gemacht. Er will eben nicht mehr sein als ein eBook-Reader. Als solcher ist er besser als das iPad. In allen anderen Disziplinen, die lustigerweise beim Kindle tatsächlich unter dem Menü-Punkt "Experimental" zu finden sind, werden schnell die Grenzen des Geräts klar. Bleibt zu hoffen, dass die auch den deutschen Verlegern klar werden und keine falsche Euphorie über einen möglichen neuen Markt aufkommt. Vielleicht haben sie aus dem zu frühen Lob und den absurden Hoffnungen in das iPad gelernt.