Und dann kommt da doch tatsächlich Manfred Kluge auf die Bühne und will zunächst mal über das Programm sprechen. Es ist Balsam auf die Seele derer, die gutes Fernsehen produzieren wollen. Offen beklagt Kluge den immer höheren Anteil von Reallife- bzw. Scripted Reality-Formaten in der Daytime. Angesichts dieser Situation bittet er beim TV-Wirkungstag um mehr Investitionen ins Programm. Die Qualität des Fernsehens müsse wieder besser werden und einzelne Quotenerfolge der vergangenen Monate würden ja auch beweisen: Wenn gutes Programm gemacht wird, beispielsweise im fiktionalen Bereich der Öffentlich-Rechtlichen, dann sind Rekord-Reichweiten möglich.



Die Attraktivität des Mediums Fernsehen sehe er daher nicht in Frage gestellt. Nur die Attraktivität des derzeitigen TV-Programms. Und im Alltag führe das zu einem Netto-Reichweiten-Verlust des Mediums Fernsehen. "Programmqualität geht vor Technologie", ist seine These. Und während diese freundlich verkaufte Ohrfeige für anspruchsloses Billigprogramm noch nachhallt, verblüfft Manfred Kluge mit der nächsten Aussage. Das von den TV-Vermarktern seit zwei Jahren mit Vorliebe gepushte Thema Second Screen hält er für überbewertet. Wohlgemerkt geht es dabei nicht um die Nutzung von Fernsehinhalten auf verschiedenen Geräten - da wünscht er sich wie die TV-Vermarkter endlich eine Multiscreen-Währung, also einheitliche Reichweitenmessung.

Aber Kluge fragt die Werbetreibenden wie Vermarkter, ob die Idee von interaktiver Werbung bei der der TV-Spot um Infos auf dem Second Screen ergänzt wird, eigentlich so sinnvoll sei. Aus Zuschauerperspektive müsse man doch überlegen, ob es wirklich wünschenswert ist, zehn Mal pro Stunde persönlich angesprochen zu werden. Und was bedeutet es für die folgenden TV-Spots einer Werbepause, wenn TV-Spot Nr.1 für weitergehende Informationen aktiv nur Nutzung von Smartphone oder Tablet animiert? Auf jeden Fall weniger Aufmerksamkeit. Thema Transport-Qualität. Selten war eine Bestandsaufnahme so nüchtern und kritisch gegenüber den Trend-Themen, die man so einfach weiter hochjubeln könnte.

Der 10. TV-Wirkungstag begann also mit genügend Gesprächsstoff. Gerhard Zeiler bekräftigt seine Kritik an fehlender Förderung von Kreativität und fehlender Lust auf gutes TV-Programm und mit Manfred Kluge bittet ein Werbeeinkäufer ebenfalls um mehr Qualität und weniger blinde Hoffnung und Fantasie auf Neues, nur weil es neu ist. Man könnte fast sagen die Eröffnung des TV-Wirkungstag in Düsseldorf wirkte wie eine rationale Rückbesinnung auf den Kern dessen, um was es gehen sollte: Gutes Fernsehen. Wenn das gegeben ist, schalten Zuschauer auch ein und Werbekunden buchen.