Stell dir vor, die ganze Branche freut sich morgens darüber, dass es gelungen ist, eine unkonventionelle Serie wie den "Club der roten Bänder" auf einem Sender, der bislang nicht für fiktionale Eigenproduktionen stand, dem Publikum nahezubringen – und dann sitzt du abends gemeinsam mit den Ludolfs beim Abendessen. So in etwa fühlte sich dieser Dienstagabend zunächst an, an dem kabel eins einige Pressevertreter nach Hamburg eingeladen hat, um das zu präsentieren, was man in Unterföhring als "erste Programm-Highlights des Jahres 2016" versteht.

Zwei Formate hatte Senderchefin Katja Hofem im Gepäck, darunter ein neues mit der legendären Schrott-Familie aus dem Westerwald. "Die Ludolfs - Das Schrottimperium ist zurück" nennt sich die von der Kölner Firma Webertainment produzierte Dokusoap, die direkt nach dem Jahreswechsel den Sendeplatz am Sonntagabend übernehmen und damit ins Rennen gegen den "Tatort" geschickt wird. Dabei gibt es einerseits bekannte Gesichter zu sehen, andererseits aber auch neue Protagonisten wie den Ludolf-Sprössling Tommy, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, einen neuen Schrottplatz zu eröffnen - für Young- und Oldtimer, aber ohne das chaotische Haufen-Prinzip, das man aus früheren Sendungen mit den Ludolfs kennt.

Es ist gewissermaßen eine Light-Version von DMAX, die Katja Hofem bei kabel eins seit geraumer Zeit zu etablieren versucht - zumal sie sich mit den Ludolfs bestens auskennt. Sie waren es nämlich, die einst zum schnellen und großen Erfolg des Männersenders beitrugen, als Hofem noch das Best im Namen trug und bei DMAX die Strippen zog. Nachschub hält kabel eins unterdessen auch für den Sendeplatz am Dienstagabend bereit, auf dem mit "Rosins Kantinen" gerade das dritte Format mit dem inzwischen omnipräsenten Sternekoch Frank Rosin angelaufen ist. Ab Februar muss es jedoch auch mal ohne ihn gehen: Dann nämlich läuft die Adaption von "World's Toughest Jobs" an, die kabel eins unter dem Titel "Die härtesten Jobs der Welt" zeigt.

Mehrere Jugendliche - vornehmlich ohne Perspektive - sollen im Ausland durch harte Arbeit drei Wochen Geld verdienen, sei es auf hoher See oder beim Schafescheren. So sieht es das Konzept jedenfalls vor. Erste Bilder der Produktion von UFA Show & Factual, die kabel eins präsentierte, machten schon mal einen guten Eindruck. Ob die Zuschauer Lust haben auf das Format, das Katja Hofem im weitesten Sinne als Weitererzählung der einst ganz erfolgreichen "Strengsten Eltern der Welt" erachtet, steht freilich ebenso auf einem anderen Blatt wie die Frage, ob ihr Sender mit Formaten dieser Art ähnlich viel Anerkennung erhalten kann wie Vox mit dem "Club der roten Bänder". Es ist eher nicht davon auszugehen. 

An den Einstieg in die Serien-Produktion denkt Hofem dennoch nicht, wie sie am Rande des Presseabends noch einmal deutlich machte. Hier stehen aber ohnehin vor allem zunächst die großen Schwestern ProSieben und Sat.1 in der Pflicht. Für kabel eins zählen stattdessen in erster Linie "Heldengeschichten" in Dokusoap-Form, wie Hofem betonte. Sie selbst sieht ihren Sender diesbezüglich auf einem guten Weg. "Wir haben ziemlich Gas gegeben mit unseren Eigenproduktionen", sagte sie rückblickend in Hamburg und versprach, im kommenden Jahr weitere neue Formate an den Start bringen zu wollen. Dabei seien eigene Ideen immer wichtiger, wie etwa der Restaurant-Wettstreit "Mein Lokal, Dein Lokal", den man mit sehr soliden Quoten am Vorabend etabliert hat und bald auch in der Primetime ausprobiert.

Zufrieden zeigte sich Hofen aber nicht zuletzt damit, ein "Rezept für die Todeszone Sonntagabend" gefunden zu haben. Für den umkämpfen Sendeplatz hat sie nicht nur die Ludolfs wieder für sich entdeckt, sondern auch neue Kriminalgeschichten im Visier. Und natürlich den "Knochenbrecher" Tamme Hanken, der zuletzt Marktanteile von teils mehr als acht Prozent verzeichnete. Beim NDR wird der XXL-Ostfriese zwar auch weiterhin zu sehen sein. Mit ihm habe man jedoch gerade einen neuen Vertrag geschlossen, erklärte Katja Hofem. Seinen nächsten Einsatz wird der Hüne noch in diesem Jahr haben: Geplant ist ein Weihnachtsspecial, in dem er zur Abwechslung mal nicht Pferde einrenkt, sondern Rentiere.