Die Zahlen, die Constantin Medien in der vorigen Wochen präsentierte, lasen sich gut: Wachsender Umsatz, ein gestiegenes Ergebnis nach Steuern, stabile Marktanteile bei Sport1. Dass der Umsatz im Sport-Segment dennoch geringfügig unter dem Vorjahreswert lag, führte der Konzern unter anderem auf "gesunkene Erlöse aus interaktiven Programmflächen" zurück. Will heißen: Die Call-in-Shows, mit denen Sport1 auch vor gar nicht allzu langer Zeit noch viele Stunden seines Programms kostengünstig füllte, stoßen auf immer weniger Zuspruch. Ein Geschäft mit den Dummen, das über viele Jahre hinweg prima funktionierte, weil sich stets genügend Menschen fanden, die bereit dazu waren, immer wieder 50 Cent in ihre Anrufe zu investieren.

Fast 15 Jahre nach dem Start von 9Live und nahezu fünf Jahre nach dessen Einstellung ist Sport1 inzwischen jedoch der einzige Sender im deutschen Fernsehen, der noch auf derartige Shows setzt. Das Modell war für Sport1 über viele Jahre hinweg äußerst lukrativ. "Für uns ist Call-in nach wie vor ein wichtiges Geschäftsmodell, das wir gezielt einsetzen", erklärte Olaf Schröder, Vorstand Sport der Constantin Medien AG und Vorsitzender der Sport1-Geschäftsführung, noch vor knapp zwei Jahren, als Sport1 an seinem Samstagabend zur besten Sendezeit ein etwas kurios anmutendes "Auto-Quiz" ins Programm genommen hatte.

Auf die Frage, wie hoch der nun erwähnte Rückgang der Call-in-Erlöse ausfällt, wollte sich Sport1 auf DWDL.de-Nachfrage jedoch nicht äußern. "Bitte haben Sie Verständnis, dass die Constantin Medien AG über wirtschaftliche Kennzahlen nur auf Segmentebene berichtet und insofern dazu keine Angaben macht", sagte ein Sprecher, der zugleich von einer "Marktsättigung in diesem Bereich" sprach. Will heißen: Nach vielen Jahren, in denen die Zuschauer - in der Hoffnung auf einen vermeintlich großen Geldgewinn - nach Tieren mit A, E oder I suchen sollten, ist vielen die Lust am Anrufen abhanden gekommen. Womöglich hat so manchem von ihnen auch ein Blick in die Telefonrechnung gereicht.

Dokutainment statt Call-in

Für Sport1 gilt es nun, neue Geschäftsfelder zu finden, um den Rückgang auszugleichen. Dennoch zählen auch jetzt noch Umsätze aus interaktiven Programmflächen neben dem klassischen Werbezeitenverkauf zum Erlösmodell des Free-TV-Senders, stellte der Unternehmenssprecher klar. In der Daytime programmiert Sport1 seit Mai jedoch ab Mitte anstelle von Call-in-Shows nun Männer-affine Dokutainment-Formate, "die für die Werbevermarktung attraktiv" seien, wie es heißt. "Dementsprechend sind die Call-in-Umästze in der Daytime zurückgegangen." Der Fokus des Programms liege "ganz klar auf der Festigung und dem Ausbau von Sportinhalten und Livestrecken, der plattformübergreifenden Content-Nutzung sowie dem konsequenten Ausbau bestehende und der Entwicklung neuer digitaler Angebote und Produkte."

Ein komplettes Ende der einst umstrittenen Anrufshows ist aber dennoch erst mal nicht in Sicht. So soll auch etwa am kommenden Samstag wieder zur besten Sendezeit ein dreistündiges Quiz zu sehen sein. Im Anschluss daran läuft dann übrigens erst ein Erotikfilm, ehe nach Mitternacht dann der seit Jahren übliche Mix aus Telefonsex-Werbung und "Sport-Clips" folgt - also jene kurzen Clips, in denen leicht bekleidete Frauen mal mehr, mal weniger lasziv mit Golfschlägern posieren. Doch hier scheint das Interesse ebenfalls nachzulassen - womöglich auch, weil der Zugang zu Erotikinhalten durch das Internet im Laufe der Jahre wesentlich einfacher geworden ist. Dementsprechend seien auch die Slots für die "Sport-Clips" zurückgefahren worden.