Als Jacob Zuma 2009 Präsident in Südafrika wurde, kam Christian Putsch als Afrika-Korrespondent der "Welt"-Gruppe ins Land. Beide sind seitdem in ihrer Position geblieben. "Ich hätte nicht gedacht, dass sich der lange international respektierte Regierungspartei ANC so sehr von einer Person abhängig machen würde", sagt Putsch rückblickend. Zuma überstand in den vergangenen sieben Jahren die größten politischen Skandale wie etwa den Ausbau seines Privatanwesens für rund 18 Millionen Euro Steuergelder. "Im ANC sitzen mehr fähige Leute, als man aktuell annehmen würde", erklärt Putsch. Aber auch: "Ich hätte damals nicht für möglich gehalten, dass die Partei 2016 ein derart desolates Bild abgeben würde."

Zum Berichtsgebiet des Afrika-Korrespondenten gehören derzeit 49 Länder, darunter Malawi, Kenia, Senegal und der Südsudan. Lediglich die fünf arabischen Länder im Norden des Kontinents muss er nicht abdecken. Deshalb mangele es selten an Geschichten und prinzipiell auch nicht am Interesse in der Redaktion. "Zuletzt war es aber schon schwieriger, den Leser für Probleme zu interessieren, die 10.000 Kilometer entfernt sind. Schließlich sind viele einst ferne Krisen, wie islamistischer Terror oder Massen-Migration, zu innenpolitischen Themen geworden", so Putsch.

Den Korrespondenten bleibe also nur, möglichst hintergründig und anschaulich zu berichten – und das möglichst vor Ort. Die deutschen Medien interessieren sich deshalb insbesondere für das Zusammenleben zwischen der weißen Minderheit und der schwarzen Mehrheit, obwohl das Ende der Apartheid immerhin schon 22 Jahre zurückliegt. "Das ist aber tatsächlich durchaus relevant, in wohl kaum einem Land bestimmt die Geschichte auch heute noch derart den politischen Diskurs. Südafrika ist ein wenig in der Vergangenheit gefangen." So schlägt Christian Putsch allerdings auch doppelt so viele Themen vor, als die, die es letztlich ins Blatt oder auf die Internetseite schaffen. Welches dann genommen werde, sei Resultat eines kleinen Diskussionsprozesses. "Am Ende muss ich mich aber natürlich an der Themensetzung in der Redaktion orientieren", sagt er.

Dass das gelingt, hängt auch mit dem guten Ruf der deutschen Medien zusammen, insbesondere in Südafrika. Die Menschen hätten nicht vergessen, dass Deutschland aktiv beim Übergang von der Apartheid zur Demokratie geholfen habe und die Bundesrepublik einer der wichtigsten Handelspartner ist. Außerdem helfe es, dass Deutschland in Südafrika keine Kolonialgeschichte hat. "Auf der anderen Seite gehen die großen Interviews mit ANC-Größen eher an englischsprachige internationale Medien, da sich die Botschaften so auch in der heimischen Bevölkerung verbreiten lassen", erzählt Putsch. Das Land verfügt über insgesamt elf Amtssprachen, darunter eben auch Englisch.

Die Medien als Kontrollinstanz

Gleichzeitig ist Südafrika eines der Länder mit der größten Pressefreiheit auf dem Kontinent – und die hat sich das Land hart erkämpft. Noch während der Apartheid waren die meisten Medien in staatlicher Hand, die wenigen privaten Verleger wurden staatlich zensiert. Erst Ende der 80er Jahre wurden die Zensurbestimmungen langsam gelockert. Der Bevölkerung sei mittlerweile mehr als bewusst, wie wichtig die Aufgabe der Medien als Kontrollinstanz ist - zumal die Regierungspartei ANC über 60 Prozent des Parlaments stellt und die Volksvertretung damit als Kontrollinstanz der ANC-Regierung nur mäßig effektiv ist. "Allerdings gibt es immer wieder Versuche, die Freiheit der Journalisten mit Verschärfungen des Informationsgesetzes einzugrenzen. Das hat meine Arbeit aber noch nicht negativ beeinflusst", sagt der Journalist.

Eine Rückkehr nach Deutschland kann sich Christian Putsch derzeit nicht vorstellen, obwohl ihm die Familie und die Freunde fehlen, die er in seinen ersten 30 Lebensjahren gewonnen hat. Auf der anderen Seite würden ihm aber auch die Freundschaften der vergangenen sieben Jahre fehlen. "Das Herz eines Ausgewanderten ist leider ein wenig zweigeteilt", gibt er zu, "das lässt sich kaum verhindern."

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