"Zurück in die Zukunft? Wie geht Entertainment 2020?" - Unter diesem Motto stand die Abschlussrunde des diesjährigen UFA Show-Gipfels, der am Donnerstag in Köln stattgefunden hat. Dominik Porschen, Moderator und Youtuber, greift diese Sichtweise zu kurz, 2020 ist schließlich schon bald. Er plädiert dafür, sich Gedanken um die nächsten 10, 15 und 20 Jahre zu machen. Tele-5-Chef Kai Blasberg glaubt, dass das deutsche Unterhaltungsfernsehen in vielen Jahren größtenteils noch immer so aussieht wie heute. "Wir haben nicht die Möglichkeit Ruhe zu bewahren, um unser Publikum umzuzüchten. Die Noten kommen schließlich jeden Tag um 9 Uhr", sagt er und spielt damit auf den Quotendruck der Sender an.

Ein Lob erhielt Ute Biernat, Geschäftsführerin UFA Show & Factual, von Moderator Sebastian Deyle. Sie hatte 2011 in einer Talkshow gesagt, sie glaube an ein Gameshow-Revival in fünf Jahren. Mit "Ruck Zuck" und "Familienduell" produziert sie heute sogar zwei dieser Shows für RTLplus. Doch trotz des derzeitigen Hypes werde das Fernsehen jetzt nicht zu einer Abspielstation für unendlich viele Gameshows. "Es ist nur ein Mosaikstein und ich bin froh, dass dieses Genre wieder mitspielen darf", sagt Biernat.


Von früheren Gedanken, alte Shows dürften nicht mehr neu aufgelegt werden, hat sich die Branche mittlerweile verabschiedet. Biernat sieht darin ebenfalls kein Problem, man müsse die Sendungen nur neu beleben und dürfe sie nicht zynisch in die Pfanne hauen. Kai Blasberg sieht das ähnlich, man dürfe die Vergangenheit aber nicht eins zu eins kopieren, sondern müsse immer etwas neues schaffen. Als Beispiel nennt er die Tele-5-Sendung "Old Guys On Tour", in der man vier altgediente Gameshow-Moderatoren auf den Jakobsweg schickte. Überhaupt nicht einverstanden ist Blasberg damit, alte Sendungen auszugraben, neu aufzulegen und dann nur die Moderatoren auszutauschen. "Das ist kein Ausdruck von Innovation."

Die oft gehörte Behauptung, Youtube sei aufgrund der Authentizität so viel attraktiver für junge Zielgruppen als das Fernsehen, wo gerne mal alles als Fake abgestempelt wird, will Youtuber Dominik Porschen nicht gelten lassen. "Auch bei Youtube sind mittlerweile ziemlich viele Sachen gestellt und gefaked", sagt er. Die Nutzer hätten dennoch das Gefühl, hier näher an den Protagonisten zu sein und mitreden zu können. Die Fernsehbranche habe sich zu lange auf einem hohen Ross befunden. "Und jetzt wundert man sich, dass die junge Zielgruppe wegbricht, weil die einfach keinen Bock mehr auf die 13. Staffel von ‘DSDS’ hat."

Bei Youtube könne man noch deutlich mehr ausprobieren als im Fernsehen, sagt Porschen und findet in diesem Zusammenhang auch lobende Worte für Tele 5. Der Youtuber wünscht sich auch im Fernsehen mehr Mut zum Scheitern. Für Lisa Gotto, Professorin für Filmwissenschaft und digitale Medien an der Internationalen Filmschule Köln (ifs), sind es derzeit spannende Zeiten, in denen sich die Medienbranche befindet. "Die Phase, in der wir stecken, ist wahnsinnig interessant. Die Branche kann sich nicht einfach auf das beschränken, was sie bislang immer gemacht hat." Das Fernsehen müsse sich ein Stück weit neu erfinden.

Facebook-Posts vorzulesen, ist langweilig.

Lisa Gotto, Professorin für Filmwissenschaft und digitale Medien an der Internationalen Filmschule Köln

Dazu gehört laut Gotto auch der Fokus auf mehr Live-TV. "Es gibt eine Sehnsucht nach mehr Live-Situationen, die nicht eine vorinstallierte Dramaturgie haben." Das Fernsehen müsse sich auf das besinnen, was es einzigartig mache - und das sei eben der Live-Charakter. "Wenn das Fernsehen versucht, andere Medien zu kopieren, wird es schwierig. Facebook-Posts im Fernsehen vorzulesen ist langweilig." Die Branche müsse aber auch authentischer werden, fordert die Professorin.

Ute Biernat versteht, dass junge Leute dem Fernsehen den Rücken zukehren und zu Youtube gehen, weil sie das Gefühl haben, dort sei alles echter. Daher finde sie es auch schwierig, wenn nun immer öfters die Rede davon ist, dass sich Youtuber professionalisieren wollen. Dann würden sie ja dem Fernsehen nacheifern - "da können sie nicht hinwollen", sagt Biernat. "Mich stört der hohe Grad an Perfektion im TV", so die Chefin von UFA Show & Factual. Inzwischen sei alles perfekt ausgeleuchtet, niemand stolpert mehr und überall sieht man den perfekt inszenierten Shiny Floor. Dieser Trend habe sich in den vergangenen Jahren noch verschärft. Die Folge sei, dass alles vorhersehbar werde. Sie selbst wolle in Zukunft verstärkt "draußen operieren" und sich weniger auf Zahlen verlassen - Quoten wie Marktforschung. "Stefan Raab hätte es nicht gegeben, wenn man sich auf die Marktforschung verlassen hätte. Ich kenne die Zuschauer kaum noch, für die wir Fernsehen machen."

Ich kenne die Zuschauer kaum noch, für die wir Fernsehen machen.

Ute Biernat, Geschäftsführerin UFA Show & Factual

Youtuber Dominik Porschen meint, wenn er von der Professionalisierung der Netz-Szene redet, nicht die inhaltliche Verbesserung, sondern eher die technische. So seien Kamera, Ton und Ausleuchtung in Youtube-Videos heute schon viel besser als noch vor fünf Jahren. Auch die Tatsache, dass er inzwischen feste Abläufe hat und Videos nicht nur aus dem Bauch heraus macht, gehöre für ihn dazu. "Professionalisierung heißt nicht, dass alles gefaked werden muss."

Kai Blasberg stört sich vor allem am "Controllerfernsehen". "Die Controller haben gewonnen, sie haben zehn Jahre Stillstand in den 00er-Jahren verursacht", sagt er und meint damit fehlende Programminnovationen. Das Problem sei, dass in wichtigen Positionen inzwischen keine Programmmacher, sondern Marketing-Experten sitzen, sagt Blasberg. Als Moderator Sebastian Deyle Blasberg fragt, wie lange es "Applaus und Raus" bei ProSieben noch geben werde, sagt dieser, dass die Sendung nur ein Feigenblatt für den Sender wäre, damit man man sich nicht anhören müsse, man investiere zu wenig in eigenproduzierte Formate. Und wie sieht nun das Programm im Jahr 2020 bei Tele 5 aus? Kai Blasberg weiß es schon: Die vom Sender abgeschlossenen Programmdeals würden schließlich noch rund fünf Jahre laufen.