Für einige Tage entwickelte sich "Stern TV" für RTL und i&u TV zum Politikum am Rhein. Weil der Privatsender die Produktion einiger Test-Ausgaben am Sonntagabend selbst in die Hand nahm und nicht der langjährigen "Stern TV"-Produktionsfirma anvertraute, herrschte in Köln vorübergehend dicke Luft. Inzwischen, eineinhalb Jahre später, haben sich die Wogen allem Anschein nach geglättet. Seit RTL sein Talk-Magazin "Stern TV am Sonntag" vor fast eineinhalb Jahren in den Regelbetrieb schickte, sind beide Häuser verantwortlich. Zwar übernimmt RTL den Löwenanteil, doch zumindest einige Ausgaben darf auch i&u TV beisteuern.

Nun ist das Experiment, ein Herzensprojekt von Stephan Schmitter, der in der Zwischenzeit zum Chief Content Officer von RTL Deutschland aufgestiegen ist, allerdings erstmal beendet. Ein Schritt, der jedoch weder etwas mit den Machtverhältnissen hinter den Kulissen noch mit den ziemlich durchwachsenen Einschaltquoten zu tun hat. Der simple Grund: Weil RTL ab dem kommenden Wochenende die NFL ins Programm nehmen wird, muss sich "Stern TV am Sonntag" hinten anstellen und bis ins kommende Jahr pausieren. 

Es ist eine nachvollziehbare Entscheidung, aber sie kommt für "Stern TV" möglicherweise zu einem ungünstigen Zeitpunkt, immerhin war es gerade erst gelungen, so etwas wie Routine in die Sendung zu bringen, was jüngst auch vom Publikum goutiert wurde. Mit Marktanteilen um elf Prozent in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen lief es zuletzt an zwei Abenden so gut wie lange nicht. Das hübscht die ansonsten eher durchwachsene Bilanz zumindest ein wenig auf, schließlich liegt der Jahresschnitt bei kaum mehr als acht Prozent. Von dauerhaft zweistelligen Marktanteilen blieb "Stern TV am Sonntag" somit also 2023 ein gutes Stück entfernt.

Marktanteil-Langzeittrend: Stern TV am Sonntag

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Quelle: DWDL.de-Recherche
dwdl.de/zahlenzentrale
ab 3 Jahren
14-49 Jahre

Stephanie McClain © RTL / Michael Tinnefeld Stephanie McClain
Stephanie McClain, stellvertretende Chefredakteurin von RTL News und Redaktionleiterin von "Stern TV", zieht ein wohlwollendes Zwischenfazit. "Der Sonntagabend ist generell herausfordernd. Wir haben dennoch schöne Erfolge verzeichnet und uns eine treue Fangemeinde aufgebaut", sagt McClain im Gespräch mit DWDL.de. "Wir sind mit der inhaltlichen Entwicklung des Formats sehr zufrieden. Wir haben tolle Sendungen gemacht und uns ist es immer wieder gelungen, besondere und exklusive Geschichten, wie etwa nach dem tragischen Tod von Blue-Punisher-Opfer Finja, zu erzählen."

Mit Blick auf die Bandbreite der Themen entwickelte sich zuletzt auch die Sonntags-Ausgabe in Richtung jener Wundertüte, mit der schon das "Original" am Mittwochabend seit Jahrzehnten auf Zuschauerfang geht. Vor einer Woche befasste sich die Sendung mit der Cannabis-Legalisierung, holte Martin Rütter mitsamt einiger Hundewelpen ins Studio und begleitete Moderator Harry Wijnvoord beim vergeblichen Versuch, mit einer Abnehmspritz Pfunde zu verlieren. Bei der letzten Ausgabe vor der NFL-Pause wiederum durfte sich Harald Glööckler zu Schönheitsoperationen und Tierquälerei äußern. Man könnte auch sagen: "Stern TV" in a nutshell. 

Und wie geht es nun weiter mit dem Format? In den kommenden Monaten wird die 20-köpfige Redaktion mehrere Spezial-Ausgaben verantworten, darunter zum Entführungsfall Erlemann am 14. September oder zum 75-jährigen "Stern"-Jubiläum im Oktober. "Zudem werden wir die Zeit nutzen, noch mehr eigene Themen und länger laufende Geschichten zu entwickeln, die ab Mitte Februar 2024 bei 'Stern TV am Sonntag' zu sehen sein werden", verspricht Stephanie McClain, für die schon bald ein "Stern TV"-Abschied ansteht, weil sie ab dem kommenden Jahr zur Primetime-Chefredakteurin von RTL aufsteigen wird (DWDL.de berichtete).

Ein anderer Kopf ist bei "Stern TV am Sonntag" indes schon längst nicht mehr an Bord: Steffen Hallaschka, der sich anfangs noch mit Dieter Könnes als Moderator abwechselte, hat sich mittlerweile von den Sonntagsausgaben zurückgezogen. Er, so heißt es aus Köln, konzentriere sich auf "Stern TV" am Mittwoch, Spezial-Ausgaben sowie weitere Projekte wie "Sterben für Anfänger", das er kürzlich für RTL+ präsentierte.