An Porträts über einzelne, bekannte Youtuber mangelt es nicht, doch Erkenntnisse über diese Gruppe im Gesamten gab es bislang nur bedingt, obwohl die sogenannten Creators über Youtube und Co. ein immer weiter wachsendes Publikum abseits der klassischen Massenmedien erreichen. Im Auftrag der Film- und Medienstiftung NRW wurde nun eine erste, nach eigenen Angaben "quasi-repräsentative" Befragung über die Motive, Strategien und professionellen Bedürfnisse des durchschnittlichen Youtubers, erstellt, deren Ergebnisse am Mittwoch im Rahmen des Medienforum NRW präsentiert werden.

Video-Produktion ist kein Jugendphänomen und zunehmend ein Fulltime-Job

Das Durchschnittsalter der Teilnehmer der Befragung - etwas über 500 Antworten gingen ein, 212 davon waren verwertbar - lag bei 21 Jahren. Damit liegt die Video-Produktion also in der Hand junger Leute, aber sie ist kein Jugendphänomen mehr - vor allem, wenn man die Profis betrachtet. In diese Kategorie wurde einsortiert, wer mindestens 10 Stunden pro Woche für die Videoproduktion aufwendet und mehr als 5.000 Abonnenten hat. In dieser Gruppe lag das Durchschnittsalter bei 25,7 Jahren. Diese Profis investierten im Schnitt nach eigenen Angaben 26,2 Stunden pro Woche in die Herstellung von Videos auf YouTube, während der Schnitt aller Befragten immerhin auch noch bei 13,8 Stunden pro Woche liegt.

Die mit Abstand meiste Zeit nimmt dabei übrigens mit 152 Minuten pro Video die Nachbearbeitung ein, etwa doppelt so lang wie die eigentliche Aufnahme des Videos. Weitere Erkenntnis: Amateure wenden mehr Zeit für inhaltliche und sonstige Vorbereitung auf als die Profis - was letztlich auf eine Lernkurve bei Routine-Arbeiten hindeutet. Professionelle Produzenten verbringen dafür mit 58 Minuten pro Video mehr Zeit mit der Interaktion mit ihrer Community als die Amateure (im Schnitt 26 Minuten) - was angesichts der definitionsgemäß kleineren Community freilich ebenfalls einfach zu erklären ist.

Youtube ist nicht zu ersetzen, Twitch bei Gamern wichtig

85 Prozent der Befragten gaben an, dass für sie Youtube die wichtigste Plattform ist, vor allem auch wenn es darum geht, Geld zu verdienen. Nur im Gaming-Bereich gibt's mit twitch.tv einen zweiten starken Player - vor allem für die Amateur-Creators. 40 Prozent von ihnen gaben twitch.tv als wichtigste Plattform an, bei den Profis waren es 14 Proeznt. Um die Fans zu erreichen werden außerdem Twitter und Facebook als entscheidend eingeschätzt, Instagram wird als Ergänzung zu YouTube (Hochladen von Zusatzcontent) geschätzt, Snapchat ist vor allem bei Amateuren noch wenig gefragt. Bei Profis geben aber immerhin 30 Prozent an, die Plattform zu nutzen. Keinerlei Relevanz haben Periscope und Vine.

Wieso, weshalb, warum? Die Motive

"Es macht mir Spaß": Diese Motivation für die Erstellung der Online-Videos geben wenig überraschend fast alle Amateure an. Bei den Profis sind es weniger als 80 Prozent, es ist aber auch dort das meistgenannte Motiv, gefolgt von "Ich will mich kreativ austoben" und "Ich möchte Anderen mit meinen Videos helfen." Allgemein geht es vorwiegend um die eigene kreative Verwirklichung, ums Unterhalten und um den Transport eigener Vorstellungen. Profis geben deutlich häufiger als Amateure an, dass die Videos der eigenen Reputation und der eigenen Karriere helfen. Publizistische Motivationen, wie man sie bei Umfragen unter Journalisten auf vorderen Rängen findet, sind hingegen weniger verbreitet.

Es fehlt an Zeit, Reichweite und Geld

Fragt man die Creators nach ihren Plänen, dann geben fast alle an, weiterhin eigenständig arbeiten zu wollen, weiter in ihrem Genre bleiben zu wollen - und das ganze vorzugsweise beruflich machen zu wollen. Allerdings gaben die meisten auch an, künftig weniger Zeit in die Videoproduktion investieren zu wollen. Und das führt auch direkt zu den Hindernissen, die sie für die Entwicklung der Youtube-Kanäle sehen. 69 Prozent der Profis und sogar 75 Prozent der Amateue geben an, ein Zeitproblem zu haben. Besonders die Amateure sehen aber auch das Problem, dass ihre Youtube-Kanäle zu wenig Reichweite und ein zu geringes Wachstum aufweisen, bei den Profis sind es immerhin noch 44 Prozent. Fehlendes Know-How sieht hingegen kaum jemand als Problem - vor allem bei Profis ist es hingegen das fehlende Geld.

Ein Problem, bei dem doch eigentlich die Multi-Channel-Netzwerke helfen sollten. Generell wird die Zusammenarbeit mit den MCNs auch als durchaus gut eingeschätzt. Doch fragt man nach einzelnen Leistungen, fällt die Beurteilung durchweg schwächer aus. Während im Schnitt noch überwiegend bejaht wird, dass das MCN helfe, den Kanal weiterzuwentwickeln und den Creator mit anderen Youtubern zusammenzubringen, wird überwiegend verneint, dass die MCNs einen Beitrag zur Vermarktung, zur Abrufsteigerung und zur Hilfe bei der Produktion von Videos leisten. Professionelle Produzenten loben allerdings, dass das MCN helfe, Markenkooperationen einzugehen, bei Amateuren gelingt das weniger gut.

Und das liebe Geld? Viel Eigenengagement

Bei der Frage nach der Finanzierung ergibt sich naturgemäß ein deutlicher Unterschied zwischen Amateueren und Profis. 100 Prozent aller Amateure geben an, ihre Videos zumindest zum Teil auch aus eigener Tasche zu bezahlen, doch auch bei den Profis sind es noch 75 Prozent. 73 Prozent der Profis geben aber auch an, nennenswerte Online-Video-Werbeerlöse zu erzielen, bei den Amateuren sind es weniger als 20 Prozent.. Weit verbreitet sind bei den Profis aber auch Product Placements (38 Prozent), die bei Amateuren kaum eine Rolle spielen, und Sachbeistellungen (19 Prozent).

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