Der inzwischen in die Jahre gekommene Teletext erfreut sich in Deutschland einer ungebrochen hohen Beliebtheit. In kaum einem anderen Land ist das Angebot so beliebt wie bei uns. Das klingt nach besten Voraussetzungen für einen digitalen Nachfolger. Vor zehn Jahren gab es schon einmal einen Versuch. MHP hieß der Anfang 2000 festgelegte Standard. Doch über Jahre waren keine Boxen erhältlich, die den gewollten Standard überhaupt unterstützen. Es war eine Totgeburt: Der einzige Anbieter von digitalem Fernsehen und entsprechenden Receivern, Premiere, weigerte sich MHP auf seiner D-Box zu ermöglichen. Nur einige öffentlich-rechtliche Sender wie der Hessische Rundfunk und das ZDF hielten noch einige Jahre mit ihrem mangels MHP-fähiger Geräte kaum nutzbaren Angebote durch.

 


Jetzt soll HbbTV der neue Standard für hybride Angebote auf dem Fernsehbildschirm sein. Möglich werden damit optisch ansprechendere Text- und Bildangebote sowie beispielsweise der Zugriff auf Mediatheken und Apps.  Über diese Verschmelzung von Internet und Fernsehen wird seit Jahren auf Fachmessen und Branchengipfeln diskutiert. Mit HbbTV werde sie Realität, heißt es jetzt. In der Tat haben in den vergangenen Monaten bereits mehrere Sender HbbTV-Angebote gestartet und jüngst zum Start der IFA haben am Donnerstag weitere Sender ganz aktuell neue HbbTV-Features gestartet. Fast immer ist es die gleiche Mischung: Ein optisch aufgemöbelter Teletext wird durch Videos und einige kleinere Spielereien ergänzt.

Wofür genau HbbTV am Besten geeignet ist, wird sich vermutlich erst mit der Zeit zeignen. Wenn es denn Verbreitung findet. Denn das Ausstrahlen von Angeboten bedeutet noch nicht, dass es auch empfangen werden kann. Dazu werden entweder brandneue Fernseher benötigt, die bereits HbbTV unterstützen oder ein Receiver, der HbbTV unterstützt. Während es für den Satellitenempfang bereits mehrere Modelle verschiedener Hersteller gibt, erinnert die Verfügbarkeit von HbbTV-geeigneten Boxen für den Kabelempfang an das MHP-Desaster vor zehn Jahren. Und Deutschlands größter IPTV-Anbieter, die Deutsche Telekom, schaut bei HbbTV auch noch in die Röhre. Die Software ihrer Media Receiver kommt aus den USA, von Microsoft. Und dort interessiert man sich noch nicht für den europäischen HbbTV-Standard.

Folgen hier nicht zeitnah entsprechende Lösungen, kommt von der berechtigten Begeisterung über die tollen Zusatzdienste beim Endkonsumenten wenig an - weil er es nicht empfangen kann. Im vergangenen Jahr war es 3DTV, heute HbbTV. Die Produzenten von TV-Empfangsgeräten sowie Inhalte-Anbieter versuchen die Konsumenten im Eiltempo von neuen Trends zu überzeugen. Die jedoch folgen nicht so schnell, wie sich das die Unterhaltungselektronik-Branche wünscht. Gerade die totale Ernüchterung nach dem Kurzzeit-Hype um 3DTV wird Konsumenten nächsten Hype-Thema, also HbbTV, noch vorsichtiger machen.

Statt endlich dafür zu sorgen, dass HDTV in Deutschland wirklich Standard wird, verliert man sich in Spielereien, auch wenn es schöne Spielereien sind. Auf einer Messe der technischen Neuheiten mag HDTV keine Innovation mehr sein. Doch in der Realität ist nicht einmal das flächendeckend angekommen. Und das sollte Priorität haben.