"Welcher Sender sollte ihn denn noch nehmen?" Diese Frage stellte Manuel Andrack Ende April öffentlich im "Spiegel" und zielte damit auf die Zukunft von Harald Schmidt. "Wenn einer mit so großem Bohei zu Sat.1 zurückkehrt und schon wenige Monate später den Stecker gezogen bekommt, dann war's das erst mal." Andrack sprach's - und sollte Unrecht haben. Nur wenige Tage nach seiner Äußerung platzte die Bombe: Harald Schmidt sendet fortan bei Sky, seine neue Heimat wird das Bezahlfernsehen sein. Herbert Feuerstein, einst wie Andrack schon an Schmidts Seite, wusste es besser: "Schmidt ist imstande und kommt aus der Kanalisation heraus und macht eine Sendung, von der noch niemand etwas ahnt."

Nun ja. Die Sendung, die Schmidt seit dieser Woche vor vermutlich nicht allzu vielen Zuschauern abliefert, ist im Grunde genommen dieselbe wie seit 17 Jahren. Und auch im Vergleich zu seiner nicht mal einjährigen Rückkehr zu Sat.1 bleibt so gut wie alles gehabt – mit dem großen Unterschied, dass sich Sky überraschend mal eben ein Viertel der Netto-Sendezeit spart. Zwar räumt mit Jan Böhmermann der wohl beste Sidekick der vergangenen Saison den Platz, dafür gibt's mit Mirjam Weichselbraun & Co. prominente Neuzugänge zu vermelden.

 

Dass ansonsten alles beim Alten bleibt, wurde dann sogleich am Dienstag bei der Aufzeichnung von Schmidts Sky-Premiere deutlich: Vorspann, Studio, Stand-Up - keine Veränderungen im Betriebsablauf. Nur beim Blick auf die Quoten wird sich Schmidt an neue Dimensionen gewöhnen müssen , negativer Art natürlich. Selbst Reichweiten von etwa 700.000 Zuschauern, wie er sie zuletzt bei Sat.1 erreichte, werden bei Sky in weite Ferne rücken. Ob das für den Altmeister des späten Abends genügend Ansporn für die Zukunft sein wird, bleibt abzuwarten. Druck von Sky hat Schmidt - anders als zuletzt im frei-empfangbaren Fernsehen - jedenfalls kaum zu erwarten.

Dass Schmidt die Quoten mehr oder weniger egal geworden sind, war aber auch schon zu Sat.1-Zeiten zu sehen. Eine komplette Sendung mit den Bochumer Symphonikern war in diesem Jahr sicherlich für den typischen Sat.1-Zuschauer gewöhnungsbedürftig - doch seine Absetzung war zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon besiegelt. Bei Sky setzte Schmidt gleich bei seiner Premiere ein Zeichen in Richtung Hochkultur: Nein, die großen Stars aus Film und Fernsehen blieben am Dienstag aus, dafür fanden mit Sol Gabetta und Hélène Grimaud eine Cellistin und eine Pianistin den Weg ins Studio. Das ist ohne Zweifel aller Ehren wert und doch würde Schmidt selbst – oder besser gesagt: gerade – in der Pay-TV-Nische in Zukunft ein wenig mehr Mainstream gut zu Gesicht stehen.

Genau das war dann auch das Problem der Premiere: Dass der Talk mit den beiden Klassik-Stars ein gutes Drittel der Show vereinnahmte, war dann doch etwas zu viel des Guten. Sidekick Klaas Heufer-Umlauf bekam dagegen nach einem vor allem hinsichtlich der langen Sommerpause reichlich durchwachsenem Warm-Up viel zu wenig Präsenz. Und überhaupt: Sich gemeinsam über den Verlag von Bettina Wulffs angekündigtem Buch auszulassen, war zwar nett – mehr aber auch nicht. Da wäre, wie auch bei der Sendungslänge, mehr drin gewesen. Ein paar nette Witzchen über Schmidts neue TV-Heimat konnten zudem nicht über die Schwächen der ersten Sendung hinwegtrösten. Besonders heruntergekommene Sky-Kneipen zu zeigen, erwies sich aber zumindest als spaßige Idee. Allzu lang trug aber auch das nicht.

„Man kann sich’s nicht aussuchen“, witzelte Schmidt am Ende des Warm-Ups über den Sender-Wechsel von Thomas Gottschalk. Doch auch der einst vom Feuilleton gefeierte Moderator hat sich seinen neuen Sender gewiss nicht ganz freiwillig ausgesucht: So schön es auch sein mag, ohne Quoten-Druck senden zu können – dass er es zuletzt ganz offensichtlich nicht mehr schaffte, mit seiner Late-Night-Show ein breites Publikum anzusprechen, gehört eben auch zur Wahrheit. Bleibt zu hoffen, dass sich Harald Schmidt im Bezahlfernsehen nun nicht voll und ganz der Hochkultur verschreiben wird. Er könnte es sich zwar ohne Zweifel erlauben, doch eines scheint schon jetzt gewiss: Sky wird Schmidts letzte Station im deutschen Fernsehen sein. Er sollte diese Chance nicht verspielen, denn Hochkultur kommt bekanntlich vor dem Fall.