Dass sich Markus Lanz an den Samstagabend wagt, birgt für das schon so oft totgesagte "Wetten, dass..?" viele Chancen, sofern sich das ZDF wirklich traut, das Konzept der Sendung von den starren Fesseln der zurückliegenden Jahre zu befreien. Ein Erfolgsschlüssel könnte darin liegen, die Stars stärker einzubinden - halbherzige Wetteinlösungen, wie sie in all den Jahren zuhauf vorkamen, müssen endlich der Vergangenheit angehören. Es liegt nun an der Redaktion, das Haus zu renovieren, "ohne diejenigen, die drin leben, zu verschrecken", wie Lanz es ausdrückte.

Sie haben diese Sätze schon mal gelesen? Gut möglich - sie standen nämlich schon einmal an dieser Stelle. Eineinhalb Jahre ist das nun her, Markus Lanz wurde damals gerade als neuer Moderator von "Wetten, dass..?" vorgestellt. Seither hat sich der fast immer sendende Spätabendtalker nun schon sieben Mal durch eine Mischung aus Bagger-Wetten, Hasenohren und Buhrufen manövriert. Sieben Ausgaben, für die sich Lanz immer wieder Spott und schlechte Schlagzeilen einhandelte. An einigen Stellen sicherlich zurecht, bisweilen aber auch unverhältnismäßig.

Beim ZDF ließ man sich davon offensichtlich derart beeindrucken, dass man erst einen neuen Redaktionsleiter installierte und dann vieles von dem, was noch vor einem Jahr als große Neuheit stolz präsentiert wurde, schnellstmöglich verschwand, darunter die "Lanz-Challenge", die dem Moderator zumindest stets die Gelegenheit bot, sich seines Sakkos zu entledigen."Wir haben das alles verstanden und raufen uns deshalb wieder zusammen", gab Lanz zu Beginn der Sendung kleinlaut zu, um dann im nächsten Moment eine spektakuläre Sendung anzukündigen. Und das sah dann so aus: Das Sofa ist wieder größer, die Promis kommen und gehen wann sie wollen und Cindy aus Marzahn hat mit Oliver Pocher längst einen neuen Mann an ihrer Seite gefunden.

Gefehlt hat die schrille Assistentin am Samstagabend übrigens nicht, Lanz hat die knapp dreistündige Show auch ohne sie gemeistert. Nicht spektakulär, aber auch ohne nennenswerte Fehler. Hilfreich war dabei ganz sicher, dass "Wetten, dass..?" in weiten Teilen tatsächlich wieder so war wie man das über Jahre hinweg kannte. Das macht die Show im Gegensatz zur ersten Lanz-Saison weitaus berechenbarer - für Zuschauer und Moderator gleichermaßen. Zugleich sind dadurch aber auch die starren Fesseln wieder da. Von den halbherzigen Wetteinlösungen ganz zu schweigen. Da wagt sich Hollywood-Star Harrison Ford an einen deutschen Satz, Helene Fischer in ein Rhönrad und Matthias Schweighöfer an ein vorhersehbares Kräftemessen mit Sylvester Stallone. So weit, so behäbig.

Störend ist vor allem, dass Markus Lanz auch weiterhin alles und jeden mit Superlativen versieht. Sensationell sei der Auftritt von Helene Fischer gewesen, sagt er und schickt sogleich ein persönliches Lob an die Sängerin hinterher: "Das hast du sehr gut gemacht", würdigt der wohlgesonnene Herr Lanz, der dabei fast so wirkt, als sei er von Fischers fehlerfreier Playback-Darbietung selbst ein wenig überrascht gewesen. Danach geht's schließlich um deren "unglaublichen Erfolg" und das "unfassbare Jahr", das sie hinter sich habe. Und die Wetten sind sowieso allesamt spektakulär. Kurzum. Alles super. Zumindest aus Sicht von Markus Lanz. In der Tat boten die meisten Wetten gute Unterhaltung, wie etwa der spätere Wettkönig - ein Straßenwalze-Fahrer, dem es gelang, mit verbundenen Augen Flaschen zu öffnen.

"Wer ist blind, gelb und scheitert möglicherweise an ein paar Flaschen?", scherzte Lanz in diesem Zusammenhang und schob schnell hinterher, dass nicht die FDP gemeint sei, sondern der Kandidat. Zumindest diesen Lacher - ob spontan oder von langer Hand geplant - hatte der Moderator auf seiner Seite. Schöne Bilder lieferte zuvor die Außenwette, bei der mehrere Männer ein Mähschiff mit einer Blaskapelle an Bord innerhalb von zweieinhalb Minuten 50 Meter schwimmend ziehen wollten. Am Ende verloren sie ihre Wette jedoch ebenso wie ein junger Mann, der Eier über ein Bierzelt warf, um sie auf der anderen Seite mit einer Pfanne aufzufangen, sowie ein Mädchen, das es nicht schaffte, über eine Strecke von zehn Metern auf Lippenstiften zu laufen.

Dass Lanz inzwischen bei jeder verlorenen Wette konsequent darauf hinweist, wie gut es doch in den Proben geklappt hat, mausert sich allerdings langsam, aber sicher zur schlechten Angewohnheit. Zumal er die Proben mittlerweile sogar erwähnt, wenn er gar nicht dabei war - wie im Falle der Außenwette. Nachdem die schiefging, fragte Lanz erst mal den stimmlich angeschlagenen Außen-Moderator Elton, wie es denn in der Vorbereitung gelaufen sei. Man möchte ihm zurufen, dass das rein gar nichts zur Sache tut. Doch das sind Nebensächlichkeiten. Viel wichtiger: Das ZDF-Publikum hat sein altes "Wetten, dass..?" zurück, wenn auch ohne grabschenden Moderator. Einen Kreativpreis darf das ZDF dafür freilich nicht erwarten. Aber man will ja ohnehin niemanden verschrecken.