Vor einem halben Jahr feierte „Schulz in the Box“ bereits mit einer einzelnen Folge Premiere bei ProSieben. In der Winterpause von „Circus Halligalli“ gab es jetzt Nachschlag. Nach einem Besuch in Tokio und einer Reise nach Moskau ging es an diesem Montagabend in den Knast - genauer gesagt die JVA Hannover. Und das war sehenswert. So sehenswert, dass ein durchaus mit Schwächen gestartetes Format wie „Schulz in the Box“ einen genaueren zweiten Blick verdient.



Das Format erzählte diesmal mit Olli Schulz’ Verschickung in den Knast nicht nur einen täglich tausendfach erlebten Alltag in Deutschland, der sich sonst hinter Schloss und Riegel abspielt und dem Zuschauer vielleicht nur durch Krimiserien bekannt ist. „Schulz in the Box“ erzählte auch in eigener Sache eine schöne Geschichte: Wie ein innovatives Format sich weiterentwickeln kann, wenn Fernsehen mit Herz, Kopf und Verstand gemacht wird.

Als Olli Schulz in der Premierenfolge bei der Gruppierung „Fuckforforest“ landete, da fühlte sich Schulz weder in seiner vorübergehenden Umgebung, noch in seinem TV-Format wirklich wohl. Er sagte, er wolle andere Leben erleben und blieb doch immer der Distanzierte, der Fragen stellte. Derjenige, der belustigt und ein Stück weit noch von oben herab über Gepflogenheiten der Gruppe herzog, in die er sich doch eigentlich integrieren wollte. Noch dazu traute die Produktion damals noch nicht der Kraft der Bilder - viel zu oft wurden Szenen von Schulz in seiner Box sitzend nachkommentiert.

In den drei neuen Folgen hat sich das geändert und gipfelt deutlich verbessert in Episode 4, der Knast-Erfahrung. Es ist ein Thema hart an der Grenze dessen, was das Format sein will. „Jetzt stehe ich vor meinem 40. Geburtstag und frage mich: Was wäre, wenn ich einen anderen Lebensweg eingeschlagen hätte? Wäre ich glücklicher, zufriedener? Oder lebe ich schon das Leben, das am Besten zu mir passt?“, fragt sich Olli Schulz im Vorspann seiner Sendung. Dass ein Leben im Knast glücklicher und zufriedener macht? Wohl ausgeschlossen.

Sehenswert war die Sendung trotz der eigentlich schon von vornherein beantworteten Frage. Woran das liegt? Warum funktioniert ein Format, in dem jemand eine Fernsehstunde lang so tut als lebe er unter anderen Bedingungen, die natürlich fernsehtauglich für ihn inszeniert sind? Die Antwort ist simpel: Weil Olli Schulz es macht. Man muss seine Musik nicht unbedingt kennen oder mögen, um in „Schulz in the Box“ auf Anhieb Sympathien für diesen Mann aufzubauen, der am klamaukigen Montagabend Haltung in die ProSieben-Unterhaltung bringt.

Es beginnt alles so wie ein Knast-Aufenthalt nun einmal beginnt: Schulz wird untersucht, muss seine Habseligkeiten abgeben und sich ausziehen, wird mit Knast-Klamotten eingekleidet und in seine Zelle gesteckt. All das, um mal kurz so zu tun als ob. Stellen Sie liebe Leser sich doch an dieser Stelle bitte für einen Moment lang manch andere Fernsehnase an Olli Schulz’ Stelle vor. Eine total motivierte Lokalreporterin etwa. Oder selbst manchen hyper-aktiven Reporter oder Moderator aus dem ProSieben-Universum. Die Stimmung würde kippen.

Doch „Schulz in the Box“ schafft es, dass dieses Durchspielen einer Realität nicht aufgesetzt wirkt. Das schafft - bei gleichzeitig hoher Popularität beim jungen Publikum - wohl so nur Olli Schulz. Weil man ihm die Fragen abnimmt, die er sich und seinem neuen Umfeld stellt. Und weil das Format sich selbst nicht überinszeniert. Dass Schulz beispielsweise erklärtermaßen in einen leerstehenden Zellentrakt der JVA gesteckt wird, weil man ihn ja nun nicht wirklich mit echten Gefangenen zusammen übernachten lassen kann, gibt dem Format Glaubwürdigkeit.

Auch später noch wird Schulz mehrfach betonen, dass das alles  natürlich eine TV-Sendung ist und die Anwesenheit der Kamera bei Menschen grundsätzlich Reaktionen hervorruft. Sympathisch, wenn so das Medium und seine Wirkung besprochen wird. Manche Gesichter von Häftlingen wurden auch unkenntlich gemacht, denn nicht jeder spielte in der letztlich ja doch echten JVA das Fernsehspiel mit.