Das Fernsehen ist gewissermaßen auf die App gekommen. Das führte so weit, dass am Donnerstagabend mit dem Prominentenspecial des "Quizduells" und der neuen Musikshow "Keep Your Light Shining" gleich zwei Formate zu sehen waren, die auf die Zuschauerbeteiligung per App setzten. Doch während Jörg Pilawa im Ersten - mal wieder - seine Mühe hatte, Fernsehen und Internet miteinander zu verbinden, klappte dieses Unterfangen bei ProSieben scheinbar mühelos, was nach den Erfahrungen der vergangenen Tage ganz sicher nicht jeder für möglich gehalten hätte.

Das Prinzip von "Keep Your Light Shining" ist schnell erklärt: Mittels App können die Zuschauer darüber abstimmen, ob ihnen eine Gesangsleistung gefallen hat oder nicht. Wer am schlechtesten abschneidet, bekommt sein Licht ausgeknipst. Das geht so lange, bis von neun Kandidaten am Ende nur noch zwei übrig sind. Das Besondere ist dabei, dass die Kandidaten im Kreis stehen und jeweils nur eine halbe Minute lang singen, ehe schon der Nächste an der Reihe ist. Und im Gegensatz zu all den Castingshows, deren Geschichten meist über Monate hinweg mit künstlicher Spannung aufgepumpt werden, steht bei "Keep Your Light Shining" am Ende jeder Ausgabe ein Sieger fest, der sich über ein Preisgeld in Höhe von 50.000 Euro freuen darf.

Ganz ohne künstliche Spannungsmomente kommt aber leider auch die neue ProSieben-Show nicht aus. Da wäre vor allem der einmütige Countdown zu nennen, der den Kandidaten dazu dienen soll, vor ihren Auftritten noch einmal kräftig durchzuatmen. In erster Linie aber kommt er reichlich zäh daher, weil die währenddessen eingespielten Aussagen der Sänger mit unfassbar viel Pathos aufgeladen sind. Der Countdown brachte die Show letztlich also ebenso wenig weiter wie die meisten Fragen von Moderatorin Annica Hansen, die es während der Premieren-Ausgabe noch nicht so recht schaffte, das etwas starre, ja fast schon redundante Konzept der Show durch so etwas wie Spontaneität aufzubrechen.

Stattdessen arbeitete Hansen die einzelnen Programmpunkte artig von der Agenda ab. Vor allem die Gespräche mit "Frida Gold"-Frontfrau Alina Süggeler und dem kurzfristig für den eigentlich fest eingeplanten Steuer-Mann Gary Barlow eingesprungenen Ricky Martin kamen meist schablonenartig daher und boten nicht selten vorhersehbare Antworten auf naheliegende Fragen. Streng genommen hätte man auf die beiden Juroren aber ohnehin komplett verzichten können, weil sie nicht mehr als allenfalls einen Hauch von Glamour in die Sendung brachten.

Zu sagen hatten Süggeler und Martin jedenfalls nichts, weil alleine das Publikum über Weiterkommen und Ausscheiden entschied. Genau hierin liegt auch die große Stärke von "Keep Your Light Shining": Dass es ProSieben und der Produktionsfirma Tresor TV gelungen ist, das App-Voting derart harmonisch in die Show einzubauen, verdient großen Respekt - erst recht, wenn man sich vor Augen führt, wie an anderer Stelle auch nach knapp zwei Wochen noch immer keine vollends zufriedenstellende App-Integration zustande gebracht wurde. Dass sich die Begeisterung der Zuschauer für die einzelnen Auftritte zu jeder Zeit an den Lichteffekten im Studio ablesen lässt, erwies sich bei der ersten Ausgabe schon frühzeitig als äußerst cleverer Schachzug.

Letztlich ist es ProSieben also gelungen, das Tempo trotz oder gerade wegen der Interaktivität hochzuhalten, was sich übrigens auch in eine erstaunlich gute Stimmung im Studio niederschlug. Und so kann man bei ProSieben also ziemlich  zufrieden sein mit der Premiere von "Keep Your Light Shining" - auch, weil man sich nicht wie so oft bei Show-Neustarts auf internationale Erfahrungen verlassen konnte. Wenn es dem Sender bei künftigen Ausgaben auch noch gelingt, an mancher Stelle noch eine Spur überraschender daherzukommen, stehen die Chancen gut, auch Fernsehmachern in anderen Länder mit dieser in vielerlei Hinsicht innovativen Musikshow ein Licht aufgehen zu lassen.