Die Liebe ist ein seltsames Spiel. Das wusste Connie Francis schon vor mehr als 50 Jahren. Noch seltsamer ist jedoch das Spiel, das ProSieben rund um die Suche nach der Liebe gestrickt hat. "Match Factor" nennt sich eine neue Datingshow, die am Donnerstag erstmals über den Bildschirm flimmerte und nach zähen zwei Stunden mehr Fragen offen ließ als beantwortete. Warum wurde das Bild immer wieder eingefroren? Weshalb gehörte die Stimme aus dem Off einem Roboter, der genauso gut bei "Wall-E" hätte auftauchen können? Und was zum Teufel war eigentlich die Aufgabe von Thore Schölermann?

Der "The Voice"-Moderator erwies sich an diesem Abend allenfalls als unauffälliger Stichwortgeber für Endorphin-gesteuerte Singles, war jedoch streng genommen noch das geringste Problem dieser Show, die selten spannender wurde als der Schongang einer Waschmaschine. Das fängt schon damit an, dass dieser Produktion von UFA Show & Factual ein – freundlich formuliert – zweifelhaftes Frauenbild zugrunde liegt: Im Mittelpunkt steht nämlich der Mann als eine Art Hahn im Korb, der mit einem Wisch in Sekundenschnelle all jene Damen aussortiert, die nicht in sein Beuteschema passen oder etwas ungelenk zur Musik von den Spice Girls tanzen.

Match Factor© ProSieben / Willi Weber

Der Kandidat der ersten Folge, der sich auf dieses für die Frauen mitunter etwas entwürdigende Spiel eingelassen hat, heißt Felix, ist 27 Jahre alt und wird laut eigener Aussage gerne mal mit Ashton Kutcher verglichen. Er steht zu Beginn der Show vor dem so genannten "Love Tunnel" und darf wischen, was das Zeug hält, wenn das Licht angeht und eine Frau hinter einer Glasscheibe mal mehr, mal weniger verführerisch lächelt. Ganze 14 Mal geht das so und sehr schnell bekommt man einen Eindruck davon, wie man sich bei ProSieben das Fernsehen für die Generation Tinder vorstellt.

Verkauft wird das oberflächliche Format übrigens als eine Art wissenschaftliches Experiment, weil die potenziellen Herzensdamen zuvor einen Test durchlaufen müssen, der herausfinden soll, wie gut sie in der Theorie zu Felix passen. Im Gegensatz zu den Zuschauern weiß dieser jedoch zu keinem Zeitpunkt, ob die Frau, die gerade um ihn buhlt, ein so genanntes "Top-Match" ist oder doch eher ein "No Match", also nach Ansicht der Forscher gar nicht zu ihm passt. "Intensiver kann Dating nicht sein", philosophiert eine ominöse Damenstimme bereits im Vorfeld der Show, doch der spätere Small-Talk über Delfine, Theologie oder das Aufräumen in den eigenen vier Wänden kann damit ebenso wenig gemeint gewesen sein wie die kurzen Tanzeinlagen, auf die sich die Kandidatinnen im weiteren Verlauf des Abends einzulassen hatten.

Match Factor© ProSieben / Willi Weber

In Spielrunden wie diesen darf Felix das Feld immer weiter aussortieren, bis er schließlich mit drei verbliebenen Frauen für einige Minuten ein Bett in der Mitte der Bühne teilen darf, um darin Fragen zu beantworten, die ihm dieses komisches Roboter-Irgendwas stellt. "Sagt eurem Gegenüber, was ihr an euch sexy findet" lautet eine der Aufgaben, während wahlweise romantische Klavierklänge oder ein paar fetzigere Töne aus den Studio-Lautsprechern tropfen. Wirklich unterhaltsam wird es nur für einen kurzen Moment, als eine nicht eben auf den Kopf gefallene Kandidatin den schönen Felix mit ein paar flotten Sprüchen aus der Reserve zu locken versucht – vergeblich, wie sich später zeigt, weil sie von ihm am Ende der Runde wie elf Frauen vor ihr ausgesiebt wird.

Zum Schluss bleiben also zwei Frauen übrig, deren hochtrabend angesagte "schönste Momente" mit Felix logischerweise schon alleine deshalb nahezu identisch aussehen, weil sie in den beiden Stunden zuvor denselben Quatsch über sich ergehen lassen mussten. Besonders absurd wird "Match Factor" aber immer dann, wenn der Zuschauer die vermeintlichen Gedanken der Frauen zu hören bekommt. Selbst im Finale, als es einzig darum geht, sich zwei Minuten lang Händchen haltend in die Augen zu blicken, tönt es plötzlich hallend im Hintergrund: "Was ist, wenn er sich für sie entscheidet und nicht für mich?" Oder aber: "Er verzaubert mich mit seinem Lächeln."

Nachdem man also vier Minuten lang Menschen beim gegenseitigen Ansehen zusieht, folgt tatsächlich irgendwann noch die Entscheidung – und damit zugleich die Auflösung des ach so spannenden Experiments. Das endet ganz im Sinne der Forscher, weil sich Felix für sein wissenschaftlich erwiesenes "Top-Match" entscheidet und nicht für die Frau mit dem Studium des Luxusmarken-Managements, von der er gemäß der Test-Ergebnisse ohnehin lieber die Finger lassen sollte. Gerade nochmal gutgegangen. Thore Schölermann, der zur Überraschung aller noch immer da ist, rät den Zuschauern schließlich noch, doch bitte auf ihr Herz zu hören. Ein freundlich gemeinter Tipp, den er jedoch lieber gleich zu Beginn gegeben hätte, denn nicht nur einmal gab einem das Herz an diesem Abend zu verstehen, dass es wohl besser gewesen wäre, dieses seltsame Spiel mit der Liebe nicht eingeschaltet zu haben. Im Tinder-Sprech bezeichnet man so etwas vermutlich als klassisches No Match.