Man kann nicht sagen, dass Sat.1 es an Engagement bei der Werbung für "Jack The Ripper" mangeln lässt. Aufgefahren wird alles, was aus einem netto 100-minütigen Film ein Event machen könnte, eingeschlossen das Spiel "Bist du Jack The Ripper", das dazu verführt, ein eigenes Porträtfoto hochzuladen und dieses dann auf einem Steckbrief wiederzufinden. Das ist angemessen, denn es passiert ja nicht alle Tage, dass ein TV-Sender suggeriert, er werde endlich Klarheit bringen in die seit 1888 ungeklärte Frage, wer denn nun wirklich Jack The Ripper war.

Schon viele haben sich am Thema versucht, die einen mit mehr, die anderen mit weniger Erfolg. Da fällt es kaum ins Gewicht, dass Sat.1 nun auch seinen Senf beisteuert. Das geschieht schließlich auch mit einigem Geschick. Drehbuchautor Holger Karsten Schmidt maßt sich gar nicht erst an, den Fall final zu lösen. Vielmehr greift er zu einem Kunstgriff. Er schickt das deutsche Mädchen Anna ins East London von 1888. Dort versucht sie, die Unschuld ihres Bruders zu beweisen, was ziemlich schwerfällt, weil dieser im Irrenhaus sitzt, da die Polizei der festen Überzeugung ist, es handele sich bei ihm um Jack The Ripper. Da muss Anna schwer wühlen im Dreck und Matsch jener Tage, muss sich etlicher zwielichtiger Gestalten erwehren und einiges tun, um mit heiler Haut den nächsten Tag zu erleben.

Regisseur Sebastian Niemann hat dabei insbesondere im ersten Teil auf die Ausstattung gesetzt. Das sieht hier und da so gelungen aus, dass man glatt meint, man könne das London jener Jahre förmlich riechen. Das fordert indes auch ab und an ein Lächeln heraus, weil man die Verlängerung der viktorianischen Kulisse in den Horizont hinein rasch als digitales Rechnerwerk entlarvt. Sehen halt ein bisschen künstlich aus die Straßenfluchten in der Ferne.

Auch die Etablierung der Figuren atmet zu Beginn sehr viel Künstlichkeit. Zu hölzern die Dialoge, zu angestrengt die Schauspieler. Bevor aber die dadurch keimende Langeweile Raum greifen kann, haben Schmidt und Niemann um ihre Anna herum ein schönes Netz von düsteren Gestalten gesponnen. Die Frage, wer Anna wie nach dem Leben trachtet und wer welches Geheimnis birgt, überdeckt bald schon die anfänglich magere Atmosphäre.

Jack the Ripper© Sat.1/Algimantas Babravicius

Das funktioniert vor allem, weil die Macher auf handelsüblichen Schrecken setzen. Knarzende Dielen und verdächtige Schritte weisen auf Mysteriöses im Nebenraum hin. Grund genug für die unerschrockene Heldin mal nachzuschauen. Das führt natürlich genregerecht zu einem veritablen Schrecken, was man halt so braucht, wenn man dem Horror von London nachspüren will.

Schauspielerisch halten sich die Mimen von "Jack The Ripper" mehr recht als schlecht über Wasser. Sonja Gerhardt macht ihre Sache ordentlich, wenngleich sie ein bisschen zu harmlos daherkommt für all das, was ihr das Drehbuch zuschreibt. Zudem würde man ihr hier und da schon ein wenig mehr spielerische Flexibilität wünschen.

Alle Kritik schwindet hingegen, wenn erst einmal die Handlungsfäden ausgelegt und die erste Irrwege mühsam abgeschritten sind. Dann nimmt diese Story Fahrt auf und verdichtet sich von Minute zu Minute weiter. So weit, dass es am Ende für eine gewisse Zeit richtiggehend spannend wird und das Finale furiose Wendungen bringt.

Das ist alles kein Sensationskino und für ein Event möglicherweise ein bisschen wenig, denn das Thema bleibt stets größer als seine Abbildung. Aber so arg viel erwartet man ja auch gar nicht mehr, wenn Sat.1 einen Eventfilm ausruft. Man ist schon mit wenig zufrieden. Ordentlich reicht, und ordentlich ist "Jack The Ripper" allemal.

Sat.1 zeigt "Jack the Ripper - Eine Frau jagt einen Mörder" am Dienstag um 20:15 Uhr.