Es geht um Crystal Meth. Kennt man als Vielseher. Ist immer wieder mal Thema. Was die Droge mit den Menschen anrichtet, wie sie verführt und dann zerstört, wie dem Rausch der tiefe Sturz folgt. Die Zähne werden angegriffen, das Psychokostüm verkleidet nur noch notdürftig die innere Zerrissenheit, bevor schließlich alles zusammenbricht. Selten ist das so nah und so brutal demonstriert worden wie in diesem Kieler „Tatort“

Ein Kopf wird gefunden. In einem Bach. Nahe bei einem beinahe verwunschenen Dorf mit verwunschenen Menschen. Schnell wird klar, dass der Tote was hatte mit Crystal Meth. Schnell wird auch seine Freundin aufgespürt. Die hat den Entzug geschafft und versucht nun ein normales Leben. Der Besuch von Kommissar Borowski (Axel Milberg) reißt sie da wieder raus. Auf einmal ist alles wieder da. Der Rausch. Der Riss.

Christian Schwochow hat bei diesem Film Regie geführt. Er setzt um, was der Autor Rolf Basedow erdachte. Mit Hilfe des Kameramanns Frank Lamm haben sie einen Horrorfilm gefertigt, einen mit eigenen Perspektiven, einen, bei dem man nie weiß, was gleich kommt. Man weiß immer nur, dass es nichts Gutes sein wird.

Die Ermittlungen ziehen sich, weil ein Kopf, der nicht mehr reden kann, wenig sagt. Und jene, die übrig blieben, sagen auch nichts. Jedenfalls nichts, was Borowski und seine Assistentin Sarah Brandt weiter bringen könnte. Zudem vermasselt Brandt noch einen Einsatz und zieht sich so den Zorn ihres Chefs zu. Sibel Kekilli spielt Sarah Brandt, und zum ersten Mal wirkt sie nicht, als wolle sie eine Schauspielerin sein, zum ersten Mal wirkt sie wie eine.

Sie taumelt ebenso hilflos durch den Film wie ihr Chef auch. Keiner weiß hier wirklich was, alle tappen im Dunkel herum. Lange wird nichts klarer, und als am Ende alles eine Erklärung findet, wirkt die ein bisschen wie aus der Überraschungskiste herbeigezaubert.

Für Menschen, die es gerne konventionell haben beim „Tatort“, könnte dieser Film ein bisschen nerven. Weil er sich so arg viel Zeit nimmt, weil er mehr Wert legt auf die präzise Zeichnung der Crystal-Meth-Opfer als auf den Drang, ein richtiger Krimi zu sein. Das hat zur Folge, dass man irgendwann den Täter präsentiert bekommt und denkt: Aha. Nicht wirklich erstaunt ist man da. Man nimmt das eher achselzuckend zur Kenntnis.

Für Menschen, die mehr Wert auf Atmosphäre denn auf knallhart durchdeklinierten Krimi legen, könnte dieser „Tatort“ indes leicht in die Bestenriege des Jahres gehören. Weil er so stimmungsvoll daherkommt, weil er mit Bildern erklärt, wie die Bedrohung aussieht, weil er nur zum Schauen verführt, nicht zum Nachmachen.

Und dann ist da noch Axel Milberg. Der ist ohnehin eine Klasse für sich, einer, der einen Film tragen kann, der auch Schwächen zu überdecken weiß, der einfach da ist, und wenn er da ist, ist alles gut. So gut es eben sein kann, wenn Crystal Meth im Spiel ist.