agma © agma
Wenn es um die Reichweitenmessung im Fernsehen und Bewegtbild-Bereich geht, ist die Arbeitsgemeinschaft Videoforschung (AGF) die erste Anlaufstelle in Deutschland, die Bedeutung des Joint Industry Committees (JIC) hat in den vergangenen Jahren eher noch zugenommen, als es darum ging, auch Dienste wie Netflix, Prime Video oder auch YouTube zur Zusammenarbeit zu bewegen und die zur Verfügung gestellten Daten zu verbessern. 

Neben der AGF gibt es seit jeher aber auch die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse. Sie ist ebenfalls ein JIC, konkret handelt es sich hierbei um ein ein Zusammenschluss von Medienunternehmen, Werbeagenturen und Werbungtreibenden. Die agma veröffentlicht regelmäßig aktuelle Nutzungsdaten für verschiedene Mediengattungen, über die ma Intermedia sollen diese auch miteinander vergleichbar werden. Das Fernsehen nahm hier schon immer eine Sonderstellung ein, so kamen die gemessenen Zahlen für die Gattung TV schon immer von der AGF. 

Guido Modenbach © Seven.One Entertainment/Florian Bachmeier Guido Modenbach
Nun sind die bei der agma angesiedelten TV-Sender jedoch nicht mehr zufrieden mit der gattungsübergreifenden Arbeitsgemeinschaft. Wie Guido Modenbach, EVP Research, Analytics & Consulting der Seven.One Entertainment Group und Geschäftsführer des ProSiebenSat.1-Vermarkters Seven.One Media, am Mittwoch auf dem Horizont Werbewirkungsgipfel ankündigte, steigen die TV-Sender aus der agma aus, wirksam wird der Schritt zum Beginn des neuen Jahres. Die agma bestätigte den Schritt der TV-Sender gegenüber DWDL.de. 

Modenbach kritisierte, dass die Sender in der agma nicht mehr angemessen abgebildet werden würden. Gleichzeitig müssten sie hohe Umlagen zahlen. Darüber hinaus kritisierte er das Kontaktkriterium als unfair. Ein Spot wird bei der agma erst als Kontakt gezählt, wenn er sieben Sekunden lang gesehen wird. 

TV weg, aber nicht alle Verbindungen gekappt

Konkret scheidet nun das ZDF Werbefernsehen als Mitglied der agma komplett aus. Ad Alliance und ARD Media haben ihre TV-Sender ebenfalls abgemeldet, sind aber nach wie vor in den Bereichen Print und/oder Audio Teil der agma. SevenOne bleibt als Studienteilnehmer an der MA Podcast beteiligt. 

René Lamsfuß, Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse, erklärt gegenüber DWDL.de: "Die agma ist und bleibt das größte Joint Industry Committee, in dem sich rund 200 Unternehmen der deutschen Werbewirtschaft zusammengeschlossen haben und das neun große Studien für den Werbemarkt verantwortet. Daran ändert auch der Schritt der vier TV-Vermarkter nichts." Die Erhebung der TV-Reichweiten habe ohnehin bei der AGF gelegen.

Bindeglied zwischen AGF und agma war bislang die ma Intermedia, an der auch die TV-Gruppen, die mit ihren Sendern nun ausgestiegen sind, teilgenommen haben. 2024 hatte die agma mit allen Mediengattungen, den Werbeagenturen und Werbungtreibenden die strategische Weiterentwicklung vorgestellt. "Im Rahmen dieser Strategie haben wir auch die ma Intermedia intern auf den Prüfstand gestellt und eruieren gerade, wie sich die Studie oder generell ein crossmediales Produkt für die heutigen und zukünftigen Anforderungen weiterentwickeln muss. Aus diesem Grund haben wir uns in der agma dazu entschieden, die ma Intermedia auszusetzen, womit aktuell das Bindeglied zwischen agma und AGF entfällt."

"Wir können nicht mehr fünf Jahre diskutieren"

René Lamsfuß © agma / Jakob Hoff René Lamsfuß
Die Sender hätten sich daher dazu entschieden, sich "vorerst auf ihr eigenes Reichweitenforschungs-Projekt in der AGF zu fokussieren", sagt René Lamsfuß. In der Folge hätten sie ihre Werbeträger im Bereich Fernsehen abgemeldet. Bei vier Kündigungen im Bereich TV bedeute dies "leider den Austritt einer gesamten Gattung". Von einer grundsätzlichen Abkehr von der agma könne jedoch keine Rede sein, sagt Lamsfuß und verweist darauf, dass die Vermarkter noch auf anderen Ebenen mit der Arbeitsgemeinschaft zusammenarbeiten. 

Eine schlechte Nachricht ist der Austritt der TV-Sender aus der agma für alle, die die gattungsübergreifende Reichweitenmessung und einen allgemeingültigen Reichweitenstandard vorangetrieben haben. Zwar macht auch die AGF genau das, ein Clinch zwischen TV und agma dürfte aber wohl nicht dafür sorgen, dass an dieser Front etwas schneller voran geht. "Wir können nicht mehr fünf Jahre diskutieren. Wir müssen jetzt eine Lösung hinstellen", sagte AGF-Chefin Kerstin Niederauer-Kopf auf dem Horizont Werbewirkungsgipfel

Und agma-Vorstandsvorsitzender René Lamsfuß erklärt gegenüber DWDL.de, dass sowohl agma als auch die Gattung TV "neue Wege der Zusammenarbeit" suchen müssten. "Der Ruf des Markts nach crossmedialen Reichweiten und Währungen ist ja nicht geringer geworden – im Gegenteil. Und diese benötigen als Basis eine transparente und objektive Erhebung."