Die Zeiten, in denen der Streaming-Markt ein scheinbar unendliches Abo-Wachstum erhoffte, sind definitiv vorbei. Seit Abebben der Boomphase geht es den meisten Anbietern vielmehr darum, bestehende Kunden zu halten und Churn – also Kündigungen von Abos – nach Kräften zu verhindern. Leichter gesagt als getan. Konsumenten, die ohnehin sparen müssen, gewöhnen sich zunehmend daran, den jeweils neuesten Staffeln ihrer Lieblingsprogramme von Plattform zu Plattform zu folgen und dabei auch von einem Kurzfrist-Abo zum nächsten zu springen.

Dass freilich nicht alle Dienste gleichermaßen davon betroffen sind, zeigt nun eine Studie der Technischen Hochschule Köln und der Bauhaus-Universität Weimar, die DWDL.de vorliegt. Demnach unterliegen Disney+, Paramount+ und Wow derzeit einem erhöhten Kündigungsrisiko bei deutschen SVoD-Abonnenten. 32 Prozent der Befragten geben an, dass sie eine Kündigung ihres Wow-Abos beabsichtigen oder eher beabsichtigen. Paramount+ kommt auf 22 Prozent, Disney+ auf 21 Prozent. Die durchschnittliche Kündigungsabsicht über alle Anbieter hinweg liegt laut Studie nur bei elf Prozent.

Die beiden Hochschulen ließen im Juni insgesamt 1.030 Nutzerinnen und Nutzer von SVoD-Angeboten in Deutschland befragen, die im Hinblick auf Alter, Geschlecht und Bildung bevölkerungsrepräsentativ ausgewählt wurden. Abgefragt und bewertet wurden sieben Dienste: Netflix, Prime Video, Disney+, RTL+, Paramount+, Joyn+ und Wow. Wie die Befragung ergab, müssen sich Netflix und Prime Video die geringsten Churn-Sorgen machen: Lediglich neun bzw. sieben Prozent beabsichtigen hier zu kündigen. RTL+ und Joyn+ liegen mit elf bzw. zehn Prozent im Durchschnitt.

"Im Wettbewerb müssen Streaminganbieter verstärkt darauf achten, ihre Kundinnen und Kunden zu halten", sagt Studienleiter Christian Zabel, Professor für Medienwirtschaft und digitale Transformation an der TH Köln. "Denn im Schnitt haben Nutzer bereits 2,4 Dienste und geben nicht mehr als 28 Euro pro Monat dafür aus. Wer ein neues Abo abschließt, kündigt also mit einiger Wahrscheinlichkeit dafür ein anderes. Zugleich ist die Nutzungsdauer überwiegend konstant: Anbieter können kaum noch Wachstum durch eine steigende Nutzungsintensität erzielen."

Dass die Platzhirsche Netflix und Amazon sich besonderer Loyalität erfreuen dürfen, spiegelt in der Studie auch der Umstand wider, dass sie die mit Abstand höchsten Anteile langjähriger Abos aufweisen. Von den befragten Prime-Video-Kunden halten 80 Prozent ihr Abo seit mehr als zwei Jahren, bei Netflix sind es 65 Prozent. Die übrigen Streamer haben einen deutlich höheren Anteil neuerer Abos: Weit über die Hälfte der Befragten haben ihr jeweiliges Abo vor weniger als zwei Jahren abgeschlossen.

Dazu passt, dass sich eine beachtliche Mehrheit – nämlich 61 Prozent der Streaming-Nutzer – zum Bäumchen-wechsel-dich beim Abonnieren und Kündigen bekennt. Auf die Frage, wie oft sie ein Abo abschließen, um etwas Bestimmtes zu sehen, und danach wieder kündigen, antworten 23 Prozent mit "selten", 24 Prozent mit "gelegentlich" und 14 Prozent mit "häufig" oder "immer". Der von Streaming-Diensten gefürchtete Serial Churn ist also längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Auch den Motiven hinter den Entscheidungen für oder gegen ein Abo ist die Köln-Weimarer Studie nachgegangen. Wenig überraschend spielt der Preis eine gewichtige Rolle – in beide Richtungen: Für 57 Prozent der Befragten sind Rabatte ausschlaggebend für Neuabschlüsse. Umgekehrt haben 37 Prozent bestehende Abos nach Preissteigerungen gekündigt. Einzelne Serien, Filme oder Shows sind vor allem für kleinere Anbieter wichtig als Marketingkanal. Demnach werden Joyn+, Paramount+ und Wow sehr viel häufiger für ein bestimmtes Programm abonniert als etwa Netflix oder Prime Video. Generell bewerten Churner die Dienste in allen Attributen – Content, technische Aspekte, Marke, Preis, Zufriedenheit – schlechter als Abonnenten mit Bleibeabsicht.