Überraschung aus Karlsruhe: Das Bundesverfassungsgericht wird in diesem Jahr wohl nicht mehr über die Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF zur nicht erfolgten Erhöhung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar 2025 entschieden. Über diese Entscheidung berichten sowohl die "FAZ" als auch der Evangelische Pressedienst (epd). Demnach teilte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, dem Prozessvertreter der Bundesländer mit, dass zu diesem Verfahren "eine Entscheidung im Jahr 2025 nicht zu erwarten ist", schreibt epd.
Das ist eine durchaus überraschende Ankündigung, war die Entscheidung in der Sache doch allgemein für das laufende Jahr erwartet worden. Auf der Webseite des Gerichts steht auch an diesem Samstag noch geschrieben, dass eine Entscheidung für 2025 zu erwarten sei. Als der Rundfunkbeitrag vor einigen Jahren schon einmal nicht von der Politik wie von der KEF empfohlen erhöht wurde, dauerte es bis zum August, bis die Richter in Karlsruhe entschieden hatten. Nun wird es noch einmal deutlich länger dauern.
Das Verfassungsgericht hat in der Sache ganz offensichtlich noch Klärungsbedarf und sieht sich nicht imstande, eine schnelle Entscheidung zu treffen. Im aktuellen Verfahren konnten sich bis Ende April diverse Organisationen (darunter die KEF, Landesmedienanstalten, Rechnungshöfe und Landesregierungen) mit Stellungnahmen an das Gericht wenden, um darin auf die Verfassungsbeschwerde von ARD und ZDF einzugehen. Auf diese konnten die Öffentlich-Rechtlichen bis Mitte Juni reagieren.
Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hatte vor mehr als eineinhalb Jahren eine Anhebung des Rundfunkbeitrags um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich empfohlen. Von dieser Empfehlung können die Länder nur in ganz wenigen Ausnahmen, und dann auch nur geschlossen, abweichen. Nicht alle Länder stimmten der Erhöhung zu, weshalb sie zu Beginn des Jahres nicht in Kraft trat. Die Länder erklärten, die Sender seien durch vorhandene Zusatzeinnahmen für zwei Jahre weiterhin bedarfsgerecht finanziert. Die Anstalten sehen das, wie auch die KEF, anders und zogen vor das Verfassungsgericht. Vor einigen Jahren bekamen sie noch Recht, der Ausgang des Verfahrens jetzt ist ungewiss.
Dass sich die Entscheidung der Richter auf 2026 verabschiedet, wird nun eine Reihe von Konsequenzen nach sich ziehen. Die Anstalten sehen sich schon für das laufende Jahr nicht mehr bedarfsgerecht finanziert und haben damit gerechnet, dass die Erhöhung des Rundfunkbeitrags durch Karlsruhe angeordnet wird - möglicherweise auch rückwirkend. Nun wird es wohl zu weiteren Einsparungen kommen, die Finanzpläne für 2026 müssen zudem angepasst werden.
Mit der Verzögerung des Urteils wird nun außerdem immer klarer, dass eine Reform der ÖRR-Finanzierung vorerst wahrscheinlich nicht kommt. Ursprünglich hatten sich die Bundesländer ja auf ein neues Verfahren zur Festsetzung des Rundfunkbeitrags geeinigt, geplant war die Einführung eines Widerspruchsmodells ab 2027. Auch die Beitragsperioden sollten neu definiert werden. Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt knüpften ihre Zustimmung aber an die geforderte Rücknahme der Verfassungsbeschwerde durch ARD und ZDF. Die Anstalten lehnen das ab. Bislang warteten alle darauf, was passiert, wenn Karlsruhe entscheidet. Wenn bis Ende November aber nicht alle Ratifikationsurkunden vorliegen, ist die Reform vorerst gescheitert. Es ist nicht davon auszugehen, dass die drei Länder plötzlich eine Kehrtwende machen.