Im SWR ist das Innovationsprojekt "Virtual Production" in einen dreimonatigen Testbetrieb gestartet. Dadurch sollen die Möglichkeiten virtueller Studioproduktion ausgelotet werden. Dafür geht der SWR eine Entwicklungspartnerschaft mit Sony zur Exploration neuer Produktionstechnologien ein. Erklärtes Ziel des Senders ist es, "den öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch technologische Innovation zukunftsfähig zu machen und neue Zielgruppen - insbesondere auf digitalen Plattformen - nachhaltig zu erreichen". 

Konkret entstehen für das Projekt auf einer großen LED-Wand im Baden-Badener Studio 6 virtuelle Welten - und zwar direkt vor den Kameras. Moderatorinnen, Hosts oder Schauspieler können hier vor digitalen Kulissen agieren, die live mit den Kameras synchronisiert werden. Der Hintergrund auf der LED-Wand bewegt sich dabei passend zur Kameraposition, sodass das Bild realistisch wirkt - "ganz ohne Nachbearbeitung, direkt live im Studio", so der Sender.

Im Fokus der Testphase steht das Format "Fehler im System". Dabei handelt es sich um eine interaktive Pen-&-Paper-Show, eine Art Rollenspiel also, die in Zusammenarbeit mit der Produktionsfirma Midflight Productions entsteht und "neue Maßstäbe im Zusammenspiel von Gaming, Streaming und TV-Produktion in Virtual Production" setzen soll. So wird sich das Studio 6 am 24. und 25. Oktober für jeweils vier Stunden in eine dystopische Welt verwandeln, in die sich Hauke Gerdes, bekannt von rocketbeans.tv, sowie Streamerinnen und Creator wie Daniel Budimann, KaddiTV, Uke Bosse und Haselnuuuss gemeinsam mit Schauspielerin Franciska Friede sowie den Schauspielern Frederic Böhle und Ron Helbig auf Spurensuche begeben. Ausgestrahlt wird das Event an beiden Tagen jeweils ab 19 Uhr auf dem Twitch-Kanal der ARD.

Michael Eberhard © SWR/Benoît Linder Michael Eberhard
Konkret will der SWR hier erstmals eine Mehrkameraproduktion mit drei getrackten Kameras live in Virtual Production umsetzen. "Das virtuelle Produzieren mit mehreren getrackten Kameras kann für die Medienwelt ein echter Game Changer sein - in vielerlei Hinsicht: Wir gewinnen dadurch gestalterische Möglichkeiten, werden effizienter, flexibler und sparsamer. Zudem kann die Technologie Türen öffnen für die Zusammenarbeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und passt daher wunderbar in unsere Zeit", sagt Michael Eberhard, SWR-Direktor Technik und Produktion. 

Die sechs virtuellen Sets, in denen während des Pen & Papers ermittelt wird, wurden nach Angaben des SWR im Vorfeld im Echtzeit-Grafiksystem der Unreal Engine erstellt - eine Technologie, die aus der Computerspiel-Entwicklung stammt und zunehmend ihren Weg ins Fernsehstudio findet. Reale Objekte sollen vor der LED-Wand möglichst so eingebunden werden, "dass sie mit den virtuellen 3D-Sets verschmelzen und die Übergänge zwischen physischer Ausstattung und digitalen Welten so realistisch wirken, dass man die Grenzen kaum noch erkennt".

Anja Räßler, Creative Director bei Midflight Productions: "Uns ist sehr daran gelegen, Pen-&-Paper für ein breiteres Publikum zugänglich zu machen. Die Faszination des Formats liegt in der Verbindung aus epischen Geschichten, gemeinschaftlichem Spiel und spontaner Kreativität. Mit dem SWR haben wir nun den idealen Partner gefunden, um unsere Vision, klassisches Rollenspiel mit modernster Virtual-Production-Technologie zu verbinden, Wirklichkeit werden zu lassen."