Nachdem es zuletzt schon entsprechende Spekulationen gab, ging ITV am Freitagmorgen mit einer Börsenmitteilung an die Öffentlichkeit und bestätigte, dass man sich in "vorläufigen Gesprächen" mit Comcast über einen möglichen Verkauf des eigenen Sender- und Streaming-Geschäfts an die europäische Comcast-Tochter Sky befindet. Wie üblich kommt dieser Mitteilung mit dem Hinweis, dass es nicht sicher sei, ob ein solcher Deal auch wirklich abgeschlossen werden wird.

Dafür ist klar, welchen Preis Comcast für die Übernahme auf den Tisch legen müsste: Der Unternehmensteil wird demnach mit 1,6 Milliarden britischen Pfund bewertet, was etwa 1,82 Milliarden Euro entspricht. Die anvisierte Übernahme würde den britischen TV-Markt ordentlich aufmischen: Neben dem Pay-TV-Schwergewicht Sky würden dann die Free-TV-Sender von ITV sowie die Streaming-Plattform ITVX zum gleichen Unternehmen gehören. 

Es wäre ein ähnlicher Schritt wie in Deutschland, wo RTL durch den Zukauf von Sky Deutschland ebenfalls die Schaffung eines Konzerns mit starker Position im Pay- und Free-TV sowie Streaming anstrebt, um gegen Netflix und Co. bestehen zu können. Allerdings sind die Dimensionen in UK noch größer: So ist Sky in Großbritannien deutlich stärker aufgestellt als Sky in Deutschland - und im Free-TV ist die Position von ITV erheblich dominanter als die von RTL in Deutschland, das mit ProSiebenSat.1 seit jeher einen starken Wettbewerber hat.

Damit stellen sich in Großbritannien noch deutlich mehr kartellrechtliche Fragen als beim RTL/Sky-Deal, weil auf Sky und ITV zusammen über 70 Prozent des gesamten TV-Werbemarkts entfallen. Bis vor Kurzem wäre grünes Licht der Kartellwächter hier kaum denkbar gewesen - angesichts des rasanten Wandels und der Verschiebung der Werbebudgets hin zu Tech-Plattformen dürfte man aber bei Comcast und ITV darauf hoffen, dass der TV-Werbemarkt nicht isoliert betrachtet wird.

Klar ist jedenfalls: Auch in Großbritannien steht die TV-Branche unter starkem Druck. ITV hat zwar gerade zumindest stabile Umsätze fürs dritte Quartal verkündet und schlug sich damit besser als befürchtet. Gleichzeitig berichtete man aber von einem schwachen Werbemarkt im 4. Quartal und kündigte daher an, weitere 35 Millionen Pfund an Kosten einsparen zu wollen, indem man etwa einige Produktionen ins nächste Jahr verschoben hat.

Nicht Teil der angestrebten Übernahme wäre ITV Studios. Eigentlich gibt es vor allem um dieses längst nicht nur in Großbritannien stark aufgestellte Produktionsgeschäft seit langem Übernahme-Spekulationen. So wird unter anderem der All3Media-Mutter RedBird IMI und auch Banijay Interesse nachgesagt. Dass es nun zuerst beim Sender- und Streaming-Geschäft zu konkreten Gesprächen kommt, ist daher etwas überraschend. Kommt es zum Verkauf, steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Produktionsgeschäft ebenfalls neue Eigentümer bekommt.

Unterdessen ist es nicht die einzige Übernahme, die Comcast derzeit anstrebt, bekanntlich ist man auch an der Übernahme eines Teils von Warner Bros. Discovery interessiert. Hier geht es aber ausdrücklich nicht um die Sender, sondern ums Studio- und Streaming-Geschäft. Hier hat Comcast nun Goldman Sachs und Morgan Stanley an Bord geholt, um ein mögliches Angebot auszuarbeiten. Vergangene Woche war Netflix schon einen ähnlichen Schritt gegangen und die Investment-Bank Moelis & Co. engagiert. Auch dort schielt man vor allem auf das traditionsreiche Warner-Studio. Größter Konkurrent ist hier Paramount Skydance, das Interesse an der Übernahme des Gesamt-Unternehmens hat.