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Im Herbst 2011 geht Günther Jauch mit seinem neuen Polittalk am Sonntagabend auf Sendung. Das war die schnelle, die überraschende News mit der man punkten wollte. Doch die Probleme dahinter entpuppen sich als größer als gedacht. Denn wie man es auch dreht und wendet: Weil die ARD für Jauchs Platzhalterin Anne Will eine Zukunft im Programm sieht, gilt: Eine Talkshow mehr ist und bleibt eine Talkshow mehr. Diese banale Erkenntnis bereitet in den vergangenen Monaten allen Betroffnen größere Kopfschmerzen als gedacht.

Bemerkenswert dabei ist: Selten wurde über eine offensichtlich nötige Entscheidung bei der ARD so vehement geschwiegen. Die Spekulationen halten sich in Grenzen. Auch weil die Betroffenen schweigen. Bis auf Harald Schmidt, der das Theater nicht mehr ertragen konnte und sich Richtung Sat.1 verabschieden wird. Doch Reinhold Beckmann, Sandra Maischberger, Frank Plasberg und Anne Will - von ihnen hört man nichts zum Talkshow-Dilemma im Ersten. Was sollten sie auch sagen? Klar ist jedem, dass fünf Talkshows möglicherweise eine Talkshow zu viel ist.

 

 

Da sagt man lieber mal gar nichts und hofft. Es gilt: Wer sicht zuerst bewegt ist tot. Damit ist der Ärger nach einer möglicherweise Ende November anstehenden Entscheidung der ARD-Intendanten vorprogrammiert, weil sich Erwartungshaltungen aufgebaut haben - und irgendjemand einfach verlieren muss. Das ist schon jetzt klar. Die neuesten Spekulationen vom Wochenende aus dem "Hamburger Abendblatt": Die ARD könne den Montag im Ersten zum Talkshow-Tag umfunktionieren und um 21 Uhr auf 75 Minuten "Hart aber fair" setzen, bevor nach den "Tagesthemen" dann wie gewohng "Beckmann" auf Sendung geht. In Folge dessen würde Sandra Maischberger ihren Sendeplatz behalten und Anne Will am Mittwoch um 22.45 Uhr eine neue Heimat finden.

Frank Plasberg© ARD/DWDL

Auf den ersten Blick erscheint das absurd: Am Abend nach Günther Jauchs neuem Polittalk mit "Hart aber fair" in der Primetime anzutreten? So kann man sich die Aushängeschilder Jauch und Plasberg auch kaputt programmieren. Davon abgesehen ist Reinhold Beckmann gefühlt nur noch die Nr.2 am Montag. Doch beim Blick auf die Alternativen merkt man, wie beinahe alternativlos diese Idee ist. Es ist beispielsweise kein Geheimnis, dass Frank Plasberg mit seinem "Hart aber fair" keinen Wechsel auf einen 22.45 Uhr-Sendeplatz mitmachen wird. Das interaktive, live produzierte Talkformat wäre am späten Abend auch vergeudet.

Mit einer gesetzten Startzeit der "Tagesthemen" um 22.15 Uhr, bleibt damit nur ein Sendeplatz um 21 Uhr oder gar früher. Mit anderen Worten: Es muss Platz geben in der Primetime. Das und weniger die Frage wo Anne Will auf Sendung gehen kann, ist der Kernpunkt des Dilemmas. Bislang setzt DasErste am Mittwoch- und Freitagabend um 20.15 Uhr traditionell auf Filme, am Donnerstagabend in schöner Regelmäßigkeit auf diverse Show-Produktionen zur besten Sendezeit und am Dienstag erfolgreich auf Serien. Keiner dieser vier Abende würde Platz bieten für "Hart aber fair" in der Primetime.

Am Montagabend könnte "Hart aber fair" auf die 20.15 Uhr-Dokumentation folgen, doch gilt es dabei ein pikantes Detail zu beobachten: Damit würde Frank Plasberg nicht nur direkt am Abend nach Günther Jauchs ARD-Talk auf Sendung gehen - er würde auch gegen Jauch antreten. Denn bei RTL läuft montags bis 21.15 Uhr "Wer wird Millionär". Doppelte Schmach für Frank Plasberg. Eine wiederum verkraftbare Folge dieses neuen Sendeplatzes für Frank Plasberg: Die bislang montags um 21.45 Uhr gezeigten Politmagazine müssten auf den Mittwochabend 21.45 Uhr wechseln.

Aus Mangel an Alternativen wird die spannende Frage also nicht sein, ob es beim jetzt durchgesickerten Montagssendeplatz für "Hart aber fair" bleiben wird. Viel spannender werden die Reaktionen darauf sein, denn es käme einem Wunder gleich, wenn diese programmierte Kannibalisierung nach Harald Schmidt nicht unmittelbar oder mit Verzögerung noch ein weiteres Opfer fordern würde. Aber vielleicht tun sich ja neue Chancen auf: Schmidt könnte mit der Telefonnummer eines Privatsenders aus Unterföhring weiterhelfen, bei dem man schon seit mehreren Monaten über einen neuen Polittalk nachdenkt.