Kaum ein Thema hat die Boulevardmedien in den vergangenen Monaten so sehr beschäftigt wie der Prozess gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann. Am Dienstag ist er nun aus Mangel an Beweisen im Vergewaltigungsprozess vom Landgericht Mannheim freigesprochen worden - doch viele Beobachter sind sich schon jetzt einig, dass es letztlich fast nur Verlierer geben wird.

Das Image des Strahlemanns hat Kachelmann durch den Prozess verloren. Unklar ist zudem, ob es für den 52-Jährigen eine Rückkehr vor die Kamera geben wird (DWDL.de berichtete). Der Beisitzende Richter Dr. Joachim Bock fand deutliche Worte im Umgang der Medien mit dem Prozess. So hätten Gerichte bei ihrer Tätigkeit die Pressefreiheit zu respektieren, umgekehrt sei es jedoch auch Aufgabe der Presse, vollständig und sachlich zu berichten und dem Leser die Möglichkeit zu geben, sich unvoreingenommen eine Meinung zu bilden.

 

"Statt der gebotenen Zurückhaltung gegenüber einem laufenden Verfahren prägten vorschnelle Prognosen, das einseitige Präsentieren von Fakten und mit dem Anschein von Sachlichkeit verbreitete Wertungen die Berichterstattung", sagte Bock. "Diese mögen zwar als Garant für Schlagzeilen und Verkaufszahlen dienen; der Wahrheitsfindung in der Hauptverhandlung sind sie jedoch in hohem Maße abträglich." Sie erzeugten Stimmungen, wo eigentlich Sachlichkeit gefragt sei. Zudem sprach der Richter von einem Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Angeklagten und der Nebenklägerin "in nicht gerechtfertigter Weise".

Bock: "Vor allem aber erschweren sie die Akzeptanz eines Richterspruchs in der Öffentlichkeit und schaden damit dem Ansehen der Justiz." Die Kammer habe zudem mit Befremden die Aufrufe an die Bevölkerung registriert, im Wege der Abstimmung über Schuld und Unschuld des nun freigesprochenen Wettermoderators zu entscheiden. "Damit verkommt das Gerichtsverfahren nicht nur zu einem reinen Event; vielmehr werden Entscheidungen von Gerichten, denen nicht selten eine hochkomplizierte Entscheidungsfindung vorausgeht, in der öffentlichen Wahrnehmung mit dem Merkmal der Beliebigkeit behaftet", so Dr. Joachim Bock am Dienstag in Mannheim.

Dass auch dadurch dem Ansehen der Justiz in der Öffentlichkeit massiver Schaden zugefügt wird, liege auf der Hand. Mit öffentlicher Kontrolle der Gerichte durch die Medien hat diese Form der Medienarbeit nichts zu tun. "Ob einer Hauptverhandlung für die breite Öffentlichkeit ein ausreichender Unterhaltungswert zukommt, ist für die Beurteilung der Schuldfrage und damit für die Gestaltung der Hauptverhandlung ohne Belang. Das Gericht ist bei der Durchführung der Hauptverhandlung nicht der Befriedigung des Sensations- und Unterhaltungsinteresses verpflichtet", sagte Bock hinsichtlich der zahlreichen Schlagzeilen der Boulevardmedien rund um den Prozess.

Kritik übte das Gericht allerdings auch an Kachelmanns Verteidiger Johann Schwenn. Dessen medienwirksam vorgetragene Kritik am Ausschluss der Öffentlichkeit habe vordergründig den Eindruck entstehen lassen, die Kammer habe bis zu seinem Auftreten ohne sachliche Rechtfertigung die Öffentlichkeit in exzessiver Weise ausgeschlossen. Dass sich drei Zeuginnen durch Interviews ihrer Persönlichkeitsrechte - jedenfalls teilweise - begeben hatten, habe diesen Eindruck noch verstärkt. "Ohne Zweifel haben diese drei Zeuginnen und die entsprechenden Medien durch ihr Verhalten dem Ablauf der Hauptverhandlung geschadet."

Bock übte allerdings nicht nur Kritik, sondern betonte zugleich, dass die Kammer auch gesehen habe, dass einige Medienvertreter durchaus sachgerecht und ausgewogen über das Verfahren berichtet hätten. Es habe sich dabei allerdings um eine "eher überschaubare Anzahl" gehandelt. "Bei allem Verständnis für die Belange der Medienarbeit erhofft sich das Gericht, dass die Medien künftig wieder mehr Verständnis für das vorrangige Interesse der Justiz an der ordnungsgemäßen Durchführung eines Strafverfahrens entwickeln", betonte der Richter am Dienstag.