Normal kann Tele 5 nicht. Und so hatte der Presse-Event im Keller des Berliner SoHo House einen ganz eigenartigen Charme -irgendwo zwischen Dekadenz und Bodenständigkeit, zwischen unbedingtem Anspruch und ergebnisoffener Experimentierfreude. Das bündelt sich alles auch in Figur und Auftritt von Geschäftsführer Kai Blasberg, über den Benjamin von Stuckrad-Barre sagt: "Er trägt abends manchmal Hemden mit erstaunlichen Mustern." Jener Blasberg, für manchen ein manchmal zu lauter und zu bunter Paradiesvogel der Branche, präsentierte zum ersten Mal seit Jahren im Rahmen einer Presseveranstaltung das Programm der kommenden Monate.

Der kleine Sender aus Grünwald will mehr als nur Filme zeigen. Dass man die hat, zeigte man gleich zu Beginn des Events. Doch nach dem Spielfilm-Trailer ergänzte der Tele 5-Geschäftsführer: "Wir werden eine Facette dazu addieren. Zumindest werden wir es versuchen." Es ist nicht der erste Versuch, aber diesmal ist es gleich eine Offensive. "So muss das beim Privatfernsehen heutzutage heißen", schiebt Blasberg hinterher. Eine Intelligenzoffensive soll es sein, sagt er. Oder vielleicht doch eher eine Comedyoffensive, wie in der Pressemitteilung formuliert. "Wir wollen die Intelligenz zurück ins deutsche Fernsehen holen und dabei auch noch lachen", sagte der Senderchef.

Schon bekannt war, dass Tele 5 mit "Stuckrad Late Night" einen LateNight-Polittalk von ZDFneo abgeworben hat und "Kalkofes Mattscheibe" nach Jahren der Bildschirmpause eine neue Fernsehheimat bekommt. Am Donnerstagabend in Berlin kamen noch einige weitere Projekte hinzu. So wechselt auch Christian Ulmen zu Tele 5. Ab dem 11. Oktober ist "Ulmen.TV" wieder auf Sendung. Neben Wiederholungen soll es noch in diese Jahr auch neue Folgen des Formats geben. Für 2013 ist möglicherweise sogar noch mehr geplant. "Ulmen.TV" läuft zunächst mit 20 Folgen immer donnerstags um 22.40 Uhr. "Ulmen brilliert mit seinem schauspielerischen Comedy-Talent in der Konfrontation mit den Untiefen des wirklichen Lebens. Oder um es mit seiner Lieblingsfigur Uwe Wöllner zu sagen: Goil", sagt Tele 5-Programmdirektor Thomas Friedl. Die neue LateNight-Schiene am Donnerstagabend eröffnet jedoch ein anderer neuer alter Kopf.

Comedy-Autor Peter Rütten bekommt nach jahrelanger Arbeit für diverse Comedy- und LateNight-Formate eine eigene Sendung. In "Rüttens Bullshit Universum" vertont er Szenen von Trash-Filmen und B-Movies neu, was furchtbar banal klingt und auch ist. Doch mit dem Anarcho-Humor des Peter Rütten funktioniert es durchaus - ob allerdings auch jeweils eine halbe Stunde lang, wird sich erst ab dem 11. Oktober zeigen, wenn das Format startet. "Rütten hat uns mit seiner prägnant-pointierenden Stimme überzeugt, mit der er aus B-Filmszenen auf wunderbar erfrischende Art skurrile Comedy-Nummern kreiert", sagt Programmdirektor Friedl. Nach "Rüttens Bullshit Universum" (22.10 Uhr) und "Ulmen.TV (22.40 Uhr) programmiert Tele 5 donnerstag um 23.10 Uhr "Stuckrad Late Night" mit neuen Folgen. Sechs davon sind noch in diesem Jahr geplant, zwölf weitere sollen es Wahljahr 2013 werden.

Am Freitag den 12. Oktober um 20 Uhr kehrt dann "Kalkofes Mattscheibe" zurück mit erst einmal 30 neuen wochenaktuell produzierten Folgen. Darüber hinaus bekommt Kalkofe aber noch mehr Präsenz bei Tele 5: So ist im Dezember ein Jahresrückblick geplant und die manchmal gut abgehangenen, skurilen oder einfach nur trashigen B-Movies von Tele 5 will der Sender mit Kalkofe gezielt aufs Korn nehmen mit dem neuen Label "Die schlechtesten Filme aller Zeiten", jeweils vorgestellt von dem TV-Satiriker. "Die besten Filme aller Zeiten hat ja jeder Sender, aber die schlechtesten hat nur Tele 5. Darauf kann man auch stolz sein", scherzte Kalkofe am Donnerstagabend in Berlin. Senderchef Blasberg: "In unserem TMG-Becken liegen so viele Filme, die physisch gar nicht mehr spielbar sind, weil die so lange rumlagen. Da haben wir natürlich einen Riesenfundus. Da geht ne Menge."

Neben diesen neuen Formaten und dem Schwerpunkt auf Filmen und Serien setzt Tele 5 aber auch weiterhin auf seine beiden weiteren OnAir-Köpfe Steven Gätjen und Bettina von Schimmelmann, wie man am Rande der Veranstaltung bestätigt. Am Ende des Abends stapelt Blasberg dann in bekannter Art und Weise nicht gerade tief: "Die neue Programmfarbe ist für uns ein Bekenntnis zu mehr Mut, Geist und Qualität im deutschen Fernsehen!" Irgendwo zwischen B-Movie-Satire, Polittalk, Medienschelte und Comedy. An Experimentierfreude mangelt es dem Kloiber-Sender aus dem Münchener Vorort Grünwald einmal mehr nicht. Nur funktionieren muss es halt noch.