Es ist schon nicht einfach, wenn sich die Fernsehsender in unterschiedlichen Zielgruppen miteinander vergleichen. Aber es gibt noch eine zweite Ebene auf der sich die Sender gerne überbieten - und besonders ARD & ZDF aber auch kleinere Privatsender großen Wert legen. Neben der Reichweite der Programme betrachtet man die Werbeinsel-Reichweite. Die ist für den Zuschauer und Fernsehproduzenten kein Gradmesser, aber in der Vermarktung relevant, auch wenn IP Deutschland und SevenOneMedia das Thema aus gutem Grund nicht so hoch hängen. Die großen Privatsender haben gegenüber ARD & ZDF die mit Abstand längsten Werbeblöcke.

Je länger ein Werbeblock, je höher die Gefahr, dass der Zuschauer weiterzappt. Je länger ein Werbeblock, je größer die Gefahr auf eine geringere Werbeinsel-Reichweite. Während die Privaten gerne an die Kreativität von Werbekunden appellieren und sich durch die Blume auch attraktivere Spots wünschen, gehen ARD und ZDF - auch durch die Begrenzung der erlaubten  Werbezeit auf 20 Minuten pro Tag und Sender einen anderen Weg. Mit durchschnittlich unter 2:30 Minuten sind die Werbeblöcke hier besonders kurz. Kein Wunder also, dass ARD und ZDF bzw. ihre gemeinsame Vermarktungstochter ARD&ZDF-Fernsehwerbung neben Umfeld und Programmreichweite daher auch die Werbeinsel-Reichweite im Blick haben.

Mit dieser Betrachtung heben sich ARD und ZDF von der kommerziellen Konkurrenz ab. Diese Gemeinsamkeit, verbunden mit einer im Grundsatz ähnlichen Zuschauerstruktur und versprochener Programmqualität, war Grundlage für die gemeinsame Vertriebstochter. Mögen ARD und ZDF sonst auch nicht immer einer Meinung sein, hier sind sie es - und demonstrieren es seit Dezember 2008 mit der ARD&ZDF-Fernsehwerbung. In den vergangenen Wochen tourte Verkaufsdirektor Tobias Lammert und sein Team bereits zum vierten Mal durch die Agenturen, aber auch direkt zu Werbekunden - ohne große Show.

Im Gepäck waren dabei neben den Programmhighlights der aktuellen TV-Saison auch der immer wieder nach vorne getragene Hinweis auf den qualitativen Unterschiede von TV-Werbung bei den Öffentlich-Rechtlichen im Gegensatz zur Werbung bei den kommerziellen Sendern. Hier bekommt das Thema Imagetransfer seine Bedeutung für die Vermarktung. Kurioserweise ist man damit gar nicht weit entfernt von dem, was RTL-Vermarkter IP Deutschland mit dem Involvement der Zuschauer seit Jahren belegen will: Die richtigen Umfelder lassen Werbung noch einmal besser wirken. Es bedarf jedoch kaum einer Erklärung, dass Lammert - zuvor selbst lange bei der RTL-Gruppe  - dennoch einen anderen Imagetransfer im Kopf hat.

"Die Deutsche Bank belegt das ganze Jahr über den ersten Spot nach ,Börse im Ersten‘" nennt er als ein Beispiel für die speziellen Umfelder, die von einzelnen Branchen gezielt genutzt werden. Egal ob Banken, Versicherungen oder Solar-Unternehmen, die gerne das Umfeld Wetter, Börse und "Tagesschau" bzw. der "Sportschau" als Ankerplatzierung nutzen. Die Viertelstunde vor Acht im Ersten ist - ähnlich wie die 5 Minuten vor den „heute“-Nachrichten mit der „heute-Uhr“ und die 10 Minuten nach der „heute“, mit dem „Best-Wetter“ im ZDF - seit Jahren ein verlässliches, weil unverändertes Umfeld.

Nur einmal wich die ARD davon ab: Für „Gottschalk Live“. Das verschweigt Lammert nicht - um glaubwürdig zu bleiben. Nach den „Unruhen“ am ARD-Vorabend will man jetzt wieder mit Verlässlichkeit punkten. 18 Uhr, 18.50 Uhr und 19.45 Uhr: „Der ARD-Vorabend ist jetzt aufgeräumter mit klaren Zeiten“, sagt Lammert. Und bei den Reichweiten haben sich die „Heiter bis tödlich“-Krimiserien „insgesamt betrachtet sehr deutlich“ verbessert. Die drei Sendetage seien inzwischen auch voneinander zu unterscheiden: Dienstags geht es etwas härter zu, mittwochs wird es bayerisch und donnerstags skurril. Den Unterhaltungs-Sendeplatz am Freitagabend um 18.50 Uhr, derzeit mit Dieter Nuhrs „Null gewinnt“ will man sich erhalten - auch für neue Ideen in 2013.

Weniger um neue Verlässlichkeit im Vorabend des ZDF - dort performen die „SOKOs“ seit Jahren stark - als neue Werbemöglichkeiten geht es für den Vermarkter aus Mainz. Der beim People-Magazin „leute-heute“ neu eingeführte Unterbrecher-Werbeblock werde stark nachgefragt. "Der war vom Start weg ausverkauft. Da werden wir im kommenden Jahr die Preise auch anziehen“, kündigt Lammert im Gespräch mit DWDL.de an. Besonders Kosmetik-Hersteller seien hier interessiert. Und dann gibt es mit dem neuen „Champions League“-Magazin im ZDF ein neues Werbeumfeld.