Während in Cannes bei der MIPTV gerade einmal mehr über die Zukunft des linearen Fernsehens diskutiert wird, baut die Mediengruppe RTL Deutschland nach Jahren des Zögerns ihre Verbreitung der linearen TV-Programme im Web aus - und das auch abseits der eigenen Apps. Die Sendergruppe und der Live-Internet-TV-Anbieter Zattoo haben eine Zusammenarbeit zur Ausstrahlung von RTL, VOX, n-tv, RTL Nitro, Super RTL und RTL II über die Internetplattform beschlossen.



Das kommt überraschend, da die Mediengruppe RTL Deutschland wie auch ProSiebenSat.1 Zattoo gegenüber in den vergangenen Jahren eher skeptisch waren. Anstoß waren offiziell die beim kostenlosen Zattoo-Angebot vom Anbieter zwischengeschalteten Werbespots beim Umschalten der Sender. Inoffiziell sorgte man sich eher über eine Verlagerung der TV-Nutzung auf die Zattoo-Plattform, die bei der Quoten-Messung nicht berücksichtigt wird.

Das Ärgernis mit den Werbespots beim Umschalten umgehen die Kölner bei der jetzigen Einigung: Sie sind nur im kostenpflichtigen und werbefreien Angebot Zattoo HiQ zu empfangen. Auf diesem Wege sind die Sender der Mediengruppe RTL Deutschland ab Sommer, einen genauen Starttermin gibt es noch nicht, nicht nur über die Website zattoo.com sondern auch via Apps für Smartphones, Tablets sowie Samsung- und LG-Fernseher, die Xbox 360 und die Videoweb TV-Box zu empfangen.

"Mit der Verbreitung unserer Programme durch Zattoo haben die Zuschauer eine weitere Möglichkeit, unsere linearen Free-TV-Angebote nun auch über das Internet zu empfangen. Damit eröffnen wir eine weitere Alternative insbesondere auch für die Nutzer, die unsere Programme drahtlos per WLAN auf Endgeräten wie Tablet-PC oder Smartphones empfangen möchten", erklärt Andre Prahl als Mitglied der Geschäftsleitung CBC verantwortlich für die Programmverbreitung der Mediengruppe RTL Deutschland.

Für Zattoo wiederum ist die Einigung mit der Mediengruppe RTL Deutschland ein entscheidender Durchbruch in Deutschland. Das Unternehmen konnte bislang in Deutschland neben den öffentlich-rechtlichen Kanälen schon zahlreiche kleinere private Sender streamen, doch mit dem Fehlen von Mediengruppe RTL Deutschland und ProSiebenSat.1 im deutschen Angebot war der große Aufschlag in Deutschland schwierig. In der Schweiz, mit anderer Rechtslage, ist Zattoo mit vollem Senderangebot bereits erfolgreich und profitabel unterwegs.

Kein Wunder also, dass Nick Brambring, CEO von Zattoo, ein Stein vom Herzen fällt. "Das ist ein Meilenstein", sagt er. "Der deutsche Markt für Live-TV im Internet hat enormes Wachstums-Potential. Wir freuen uns über das Vertrauen von RTL in uns und unser Produkt. Die Kooperation kann wegweisend sein. Zattoo ist ein zuverlässiger und attraktiver Partner für Sendeanstalten. Gewinner sind natürlich auch die Nutzer, die ihr Live-Fernsehen auf allen wichtigen Endgeräten mit Internet-Anschluss empfangen können."

Mit dieser Einigung dürfte man in den kommenden Monaten auch noch einmal das Gespräch mit ProSiebenSat.1 suchen. Damit wäre das Senderangebot von Zattoo dann weitgehend komplett - und der Live-Internet-TV-Anbieter neben Kabel, Satellit und sogar mehr als DVB-T ein vollwertiger Provider für TV-Content. Das Timing der Einigung lässt zudem spekulieren, ob die via Zattoo garantierte Überall-Verbreitung der Sender der Mediengruppe RTL Deutschland ein Ausgleich für den beschlossenen DVB-T-Ausstieg darstellen soll.