Die Berufung des derzeitigen "Bild"-Vize Nikolaus Blome zum stellvertretenden "Spiegel"-Chefredakteur hat offenbar für Verärgerung bei Mitarbeitern des Nachrichtenmagazins gesorgt. Das "Hamburger Abendblatt" schreibt, dass der designierte Chefredakteur Wolfgang Büchner vor den Mitarbeitern sagte, er könne nicht verstehen, dass ein "Bild"-Mann auf einem so wichtigen Posten Irritationen auslöse. Als ein anderer fragte, ob mit der Berufung des konservativen Blome ein Richtungswechsel verbunden sei, sagte Büchner, er verstehe die Frage nicht. Ein "Silo-Denken" mit "Bild" auf der einen und "Spiegel" auf der anderen Seite lehne er grundsätzlich ab.

Offenbar handelt es sich aber auch um eine Frage des Alters: Jüngere Redakteur hätten laut "Abendblatt" offenbar weniger Probleme mit Blome als ältere. Wie zu hören ist, will die Belegschaft nun eine Sondersitzung der Gesellschafterversammlung der Mitarbeiter KG einberufen. Die dafür nötige Anzahl an Unterschriften hatte man bereits am Mittwoch zusammen. Derzeit gilt es allerdings als unklar, ob die Mitarbeiter KG der Berufung eines Vize-Chefs zustimmen muss oder nicht. Angeblich soll "Spiegel"-Geschäftsführer Ove Saffe der KG zugesichert haben, gegen ihren Willen keinen stellvertretenden Chefredakteur berufen zu wollen, berichtet das "Hamburger Abendblatt" unter Berufung auf mehrere übereinstimmende Quellen.

Die Mitarbeiter KG soll Blomes Berufung zuvor ausdrücklich abgelehnt haben. Kaum zu glauben also, dass die Unruhe beim "Spiegel" schnell abflauen wird. Einem Bericht der "Berliner Zeitung" zufolge kam Büchners Auftritt in der 10-Uhr-Konferenz ohnehin nicht allzu gut an. Als "patzig", "brachial" und "unwirsch" sollen "Spiegel"-Redakteure demnach seinen Auftritt beschrieben haben. Nun ist guter Rat jedenfalls teuer. Ein möglicher Kompromiss könnte es sein, auf Blomes Berufung zum stellvertretenden Chefredakteur zunächst zu verzichtet, schreibt das "Abendblatt". Blome wäre damit erst mal nur als Leiter des Hauptstadtbüros tätig - ein Aufstieg zu Büchners Vize könnte dann ein halbes Jahr später stattfinden.

Inzwischen haben sich auch die "Spiegel"-Miteigentümer zu Wort gemeldet. "Einen Mann von 'Bild'-Zeitung, die die NSA-Affäre heruntergespielt hat, zum stellvertretenden Chefredakteur des 'Spiegels' zu machen, der sich in der Aufklärung ebendieser Affäre profiliert hat, halte ich für indiskutabel", sagte Franziska Augstein gegenüber der "taz". Damit hole man "den Fuchs in den Hühnerstall". Sie sprach von einer "verfehlten Personalentscheidung" und vertritt damit eine andere Meinung als ihr Bruder Jakob, der mit Blome bereits in der Phoenix-Sendung "Augstein und Blome" diskutiert. "Gute Leute bekommen immer Rückenwind", sagte Augstein bei "Meedia". Ob sich der künftige  "Spiegel"-Chefredakteur durch seine ohne Zweifel bemerkenswerte Personalie noch vor Amtsantritt ins Abseits begeben hab, bleibt abzuwarten. Offiziell ist von ihm derzeit jedenfalls nichts zu hören.

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