Erinnern Sie sich noch an Waltraud und Stella? Mit diesen beiden Puppen bewarb Sat.1 Gold seinen Sendestart am 17. Januar 2013. Ein Jahr später taugen sie nur noch für Anekdoten. Man habe für die Puppen-Idee "viel auf die Mütze bekommen", so Senderchef Marc Rasmus am Mittwochabend in München. Doch das Ziel habe man mit der polarisierenden Kampagne erreicht: Den Sender bekannt zu machen. Und so zeigt sich Rasmus auch zufrieden mit der Marktanteilsentwicklung im ersten Jahr.

Die 0,4 Prozent Marktanteil, die Sat.1 Gold bei den 14- bis 49-Jährigen 2013 erreicht hat, nehmen sich erstmal wenig spektakulär aus - allerdings ist diese Zielgruppe für einen Sender, der sich als Ziel vorgenommen hat, vor allem die etwas Älteren zu erreichen, auch nur bedingt aussagekräftig. Als "Relevanz-Zielgruppe" hat sich Sat.1 Gold die 40- bis 64-Jährigen Frauen auf die Fahnen geschrieben. Und dort stieg der Marktanteil sukzessive auf zuletzt immerhin 0,8 Prozent - auch deswegen, weil man die selbst gewählte Zielgruppe inzwischen passgenauer erreicht. Gestartet war der Sender mit einer ähnlichen Publikums-Zusammensetzung wie Sat.1 - seitdem bewegt man sich Stück für Stück eher in Richtung ARD und ZDF.

Nach einem Jahr sind nun nicht nur die Puppen verschwunden, Sat.1 Gold betont auch gar nicht mehr, der Sender für "die besten Jahre" sein zu wollen. Stattdessen will man in der neuen Imagekampagne, die Sat.1 Gold in diesen Tagen zum 1. Geburtstag gestartet hat, altersunabhängig ein Lebensgefühl ansprechen. Marc Rasmus: "Unsere Zuschauerinnen und Zuschauer wissen, wie sie es sich 'gold' gehen lassen können: mit Gelassenheit, Lebensfreude und dem zielsicheren Gespür dafür, ihr Leben in vollen Zügen zu genießen. Unsere neue Kampagne zielt auf dieses 'goldene' Lebensgefühl und zelebriert genau die Momente, in denen es Frauen aus unserer Relevanz-Zielgruppe der 40- bis 64-Jährigen einfach gold geht."

Doch nicht nur in der Imagekampagne stellt man sich etwas breiter auf, auch vom ursprünglichen Versprechen, allein deutsche Produktionen zu zeigen, rückt man ein Stück weit ab. Das zeigt sich nicht nur in den beiden Elvis-Filmen, die Sat.1 Gold am kommenden Samstag zeigt, auch Kultserien sollen künftig ihren Weg ins Programm finden. Geplant ist zum Beispiel, "Bonanza" im Tagesprogramm zu zeigen - eine Strategie, mit der auch andere kleine Sender wie RTL Nitro derzeit sehr gut fahren. Trotzdem bleibt man der grundsätzlichen Haltung treu: Das Programm soll deutsch oder zumindest "vertraut" sein. Das setzt sich bis in die Moderationen fort, bei denen man darauf achtet, Anglizismen zu vermeiden. Moderationen, in der für einen so kleinen Sender durchaus beachtlichen Zahl an Eigenproduktionen.

Dazu gehört zum Beispiel der Sport-Bereich. Sowohl am Golf-Magazin als auch an den Tennis-Übertragungen werde man festhalten - auch wenn letztere sich bislang noch etwas schwer taten, ihr Publikum bei Sat.1 Gold zu finden. Ein großes Thema für Sat.1 Gold bleibt zudem der Deutsche Schlager, dem man ein Zuhause im Free-TV geben wolle, nachdem sich die großen öffentlich-rechtlichen Sender aus dieser Farbe zunehmend zurückziehen. Künftig soll es in Kooperation mit Gute-Laune-TV wöchentliche Sendungen geben. Mitte Februar starten zwei neue Formate: In "B*Treff" trifft Benny Schnier, der u.a. mit "Amigo Charlie Brown" selbst eine Schlagervergangenheit hat, auf "Schlager-Legenden", zudem präsentiert Kerstin Merlin "Schlager XXL" und auch die "Goldschlager"-Shows gehen weiter. Die Magazin-Schiene wird außerdem mit dem neuen "LebensLust - Das Wohlfühlmagazin", das von Gaby Papenburg präsentiert wird, erweitert. Und Eva Habermann stellt bei Sat.1 Gold "Sehnsuchtsziele" vor.

Aufmerksamkeit verspricht sich Marc Rasmus zudem von einem von Sat.1 bestens bekannten Gesicht bzw. Bart: Ingo Lenßen. Der geht am 5. Februar um 21 Uhr erstmals mit seinem neuen Format "Ingo Lenßen: Ihr Urteil bitte!" an den Start, das schon vor einiger Zeit vorgestellt worden war. Darin werden in Einspielfilmen echte Fälle präsentiert, die Zuschauer im Studio dürfen abstimmen, wie sie geurteilt hätten. Dann kommen Verfahrensbeteiligte zu Wort, es folgt eine weitere Abstimmung und schließlich erklärt ein beteiligter Jurist, wie das Gericht tatsächlich entschieden hat. Ein weiterer Talk und nutzwertige Tipps sind ebenfalls Teil des Formats, von dem zunächst sechs Folgen produziert wurden.

Ob sich der Aufwand lohnt und sich gleich in hohen Marktanteilen wird messen lassen? Bei Sat.1 Gold ist man mit Prognosen eher zurückhaltend. Bei einem kleinen und noch immer recht neuen Sender sei die Beurteilung von Erfolg vielschichtiger als einfach nur auf den Marktanteil zu schauen. Es gehe eben auch darum, die Marke zu befeuern und bekannter zu machen. Dabei soll ein Name wie Ingo Lenßen helfen. Auch wenn Marc Rasmus einräumt, dass es wenig erbaulich war, wenn besonders in der Anfangszeit teils über mehrere Stunden ein Marktanteil von 0,0 Prozent zu lesen war, sagt er: "Wenn wir allein auf die Quote schauen würden, hätten wir manche Sendung nicht gemacht." Eine Haltung, die man bei manch größerem Sender bisweilen vermisst.