Um künftig verstärkt jüngere Zuschauer zwischen 20 und 40 Jahren anzusprechen, überlegt das ZDF eine Neuausrichtung seines Informationsangebots am späten Abend. "Wir arbeiten an einem neuen Nachrichtenformat für jüngere Zuschauer, das im Hauptprogramm laufen könnte", sagte der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen am Montagabend in Berlin. Ein solches Angebot, das 2015 auf Sendung gehen könnte, müsse sich nach den Lebensgewohnheiten der Zielgruppe rechnen, die berufstätig sei und deshalb "tendenziell eher später am Abend" fernsehe.

Theveßen sagt auch: "Wir würden uns gerne an einer täglichen Sendung versuchen." Wenn das "heute journal" in seiner jetzigen Form unangetastet bleiben soll, liegt eine Veränderung der seit 2004 laufenden Spätnachrichten "heute nacht" nahe, die regulär gegen Mitternacht im Programm läuft. Ein Ersatz oder eine entsprechende Anpassung des Formats sei "vorstellbar", so Theveßen.

Die klassische "heute"-Sendung um 19 Uhr habe im vergangenen Jahr zwar an Akzeptanz gewonnen und sich beim Martkanteil im Gesamtpublikum um 0,6 Prozentpunkte auf 15,5 Prozent und durchschnittlich 3,44 Mio. Zuschauer gesteigert. Das reichte trotz überschaubaren Verlusten der direkten Mitbewerber "Tagesschau" und "RTL aktuell" aber erneut nur für Platz 3. Darüber hinaus liege das Alter der "heute"-Zuschauer deutlich über dem Alterschnitt des ZDF von derzeit 61 Jahren. Das liegt freilich auch am Rahmenprogramm, in das der Sender seine Abendnachrichten einbettet. "Man kann keine Sendung haben, die es allen gleich recht macht", meint Theveßen. "Wir glauben, dass sich jüngere Zuschauer sehr wohl für dieselben Themen interessieren, es ist eher eine Frage der Herangehensweise und der Machart."

Zusätzlich werde kontinuierlich an der Modernisierung von "heute" gearbeitet. Mit dem leicht veränderten Hintergrund, "noch kräftigeren Farben und der Scheibenoptik" sei zuletzt bereits die Wiedererkennbarkeit der Sendung gestiegen. Der Sport sei wieder fester Bestandteil im Ablauf. Und demnächst sollen die zwischenzeitlich abgeschafften Nachrichtenblöcke, in denen unterschiedliche Themen des Tages aufeinanderfolgend jeweils 30 Sekunden kurz angerissen wurden, wieder eingeführt werden. Allerdings kürzer und optisch "dem Look und Feel entsprechend, den die Leute vom Smartphone kennen", erklärt Theveßen.

Eine stärkere Interaktion in den sozialen Medien steht ebenfalls zur Debatte. Derzeit ist das ZDF mit "heute" bei Facebook und Twitter vor allem mit klassischen Nachrichtenlinks präsent. Künftig sei vorstellbar, Followern einen intensiveren Einblick in die redaktionelle Arbeit zu liefern. So könnte etwa der Ablauf der Sendung, wie er am Morgen in der Redaktionskonferenz geplant sei, veröffentlicht und mit den Nutzern diskutiert werden.

Wer sich derweil um die geplante Fortentwicklung von "heute" kümmern wird, ist noch unklar. Der bisherige Chef Matthias Fornoff übernimmt zum 1. Juli senderintern die Leitung der Hauptredaktion Politik und Zeitgeschichte (DWDL berichtete). Anders als bislang soll die redaktionelle Leitung von "heute" dann wieder von der Moderation der Sendung getrennt werden. Fornoff habe seine Sache "hervorragend gemacht", allerdings sei es mit der Doppelaufgabe schwierig, "kontinuierlich am Format" weiterzuarbeiten, erklärt Theveßen. Das ZDF muss sich also nach einem neuen Moderator für die 19-Uhr-Sendung und einem neuen Redaktionsleiter gleichzeitig umsehen. Man befinde sich mit geeigneten Kandidaten in Gesprächen, die Bekanntgabe werde "sicher keine zwei Monate mehr dauern".

Die von F.A.Z.-Herausgeber Frank Schirrmacher geäußerte Kritik an dem Interview, das "heute journal"-Moderator Claus Kleber in der vergangenen Woche mit dem Siemens-Chef Joe Kaeser geführt hatte, wies Theveßen am Montag zurück: "Was Schirrmacher generell schreibt, treibt uns auch um", besagtes Interview sei aber kein gutes Beispiel für einen zunehmend aufgeregten "Echtzeitjournalismus". "Ich teile seine Kritik an dem Interview überhaupt nicht", so Theveßen. Kleber haben Fragen gestellt, die den Konflikt Kaesers bei dessen Russland-Reise "auf den Punkt brachten".