Eine Weltmeisterschaft der kurzen Wege ist es gewiss nicht, die in diesem Sommer auf dem Plan steht. Zum Teil liegen die Spielorte mehr als 3.000 Kilometer auseinander. Es ist also einiges an Technik vonnöten, um die Übertragungen aus Brasilien reibungslos über die Bühne zu bringen. Dass ARD und ZDF versprechen, "noch enger als je zuvor" zusammenarbeiten zu wollen, kommt da also nicht von ungefähr. Und doch trauert man beim ZDF der eigenen Handschrift hinterher, die man seiner Berichterstattung in den vergangenen Jahren aufdrückte. "Es tut auch ein bisschen weg, auf die einzigartigen Produktionsplätze zu verzichten", sagte ZDF-Chefredakteur Peter Frey am Donnerstag bei der Präsentation der WM-Pläne von ARD und ZDF für den Sommer.

Nach dem sehr kritisch gesehenen Usedom-Trip zur Europameisterschaft vor zwei Jahren sieht das allerdings ganz gewiss nicht jeder so. Auch Bertram Bittel, ARD-Teamchef bei der diesjährigen WM, machte keinen Hehl daraus, den Chefredakteur des Mainzer Senders nicht verstehen zu können. "Ich habe wenig Mitleid mit Ihnen", sagte er an Frey gerichtet. Er solle nicht Bregenz nachweinen, sondern sich auf Brasilien freuen. Und tatsächlich kann es die dortige Location ganz sicher mit dem Fußballstrand von Usedom aufnehmen. Auf dem Dach eines Hauses werden beide Sender eine gemeinsame Moderationsplattform errichten. Das sei noch dazu deutlich günstiger als das Mieten ganz ähnlicher Plätze, die die FIFA den Reportern aus aller Welt zur Verfügung stellt - und eine schöne Aussicht auf die Copa Cabana gibt's frei Haus.

Dass sich ARD und ZDF nicht direkt aus den Stadien melden, ist angesichts der großen Entfernungen keine Überraschung. Deutlich überraschender kommen da schon die Gesichter, die beide Sender für ihre Berichterstattung nach Brasilien schicken werden, auch wenn bereits im Vorfeld der Pressekonferenz durchgesickert war, auf wen ARD und ZDF setzen werden: So werden sich im Ersten vor allem Matthias Opdenhövel und Mehmet Scholl zu Wort melden, in der Vorrunde kommen zusätzlich Reinhold Beckmann und Giovane Elber zu Einsätzen. Gerhard Delling, der sich einst legendäre Rededuelle mit Günter Netzer lieferte, wird dagegen ins deutsche Quartier versetzt, wo er auf Katrin Müller-Hohenstein treffen wird.

Die Entscheidung, sie zur DFB-Elf zu schicken, sei im Übrigen "gar nicht so schwer gefallen", betonte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz in Hamburg. Man habe schlicht nach einem Nachfolger für Michael Steinbrecher gesucht und sei dann schnell auf Müller-Hohenstein gekommen. Mit Oliver Welke und Oliver Kahn habe man für die Berichterstattung von der Copa Cabana hingegen ein Duo gefunden, das durch die in der Champions League gesammelten Erfahrungen "eine gute Option" gewesen sei. Zu Moderations-Einsätzen wird derweil auch Rudi Cerne kommen. "Sportstudio"-Shootingstar Jochen Breyer, der sich gerade erst einen Rüffel von BVB-Trainer Jürgen Klopp einhandelte, wird dagegen vor allem als Filmemacher bei der deutschen Mannschaft sein.

Klar ist: Das ZDF versucht's mit weniger Spektakel als zuletzt. Und die ARD? Dass es mit ihm und Mehmet Scholl zu humorig werden könnte, wies Moderator Matthias Opdenhövel schon mal zurück. "Es ist ja nicht so, dass ich die ganze Zeit nur Witze erzählen würde", sagte er. Nicht zu Unrecht, schließlich kann das Duo bereits eine Auszeichnung mit dem Deutschen Fernsehpreis vorweisen. Für Scholl, der bei der WM auf seinen Experten-Kollegen Oliver Kahn treffen wird, schließt sich zudem ein Kreis: "Mit Olli habe ich mir vor 20 Jahren ein Zimmer geteilt und jetzt die Terrasse." Die Klamotten werde es diesmal aber nicht aufräumen, scherzte er auf der Pressekonferenz in Hamburg. Auffällig: Mit Kahn, Scholl und Elber setzen die Öffentlich-Rechtlichen in Brasilien ganz auf die Kompetenzen ehemaliger Bayern-Spieler.

Und damit nicht genug: Das ZDF holt sich zur WM auch noch Hasan Salihamidžić an Bord, der sich in Deutschland die Spiele zusammen mit Promis ansehen soll. Ob das nötig ist, darf bezweifelt werden, doch bunt wird's wohl auch im Ersten. Dort hat man Sängerin Fernanda Brandao als Reporterin verpflichtet. Das ist es wohl, was ARD-Programmdirektor Volker Herres mit der "brasilianischen Leichtfüßigkeit" bei den Übertragungen meint. Er verspricht jedenfalls schon mal einen "Super-Sommer" und sagt: "Wer da keine Emotionen spürt, der sollte zum Arzt gehen." Vor allem sollten die Zuschauer aus Sicht der Sender aber nicht allzu früh ins Bett gehen, denn durch die Zeitverschiebungen wird häufig erst zu fortgeschrittener Stunde gekickt.

Um die Zeit bis zum Anstoß um 22:00 Uhr zu überbrücken, schiebt die ARD beispielsweise einen "WM-Club" mit Alexander Bommes ein. Doch vor allem für die Hörfunkberichterstatter der ARD verspricht die Weltmeisterschaft ein schwieriges Unterfangen zu werden. Um die Hörer in Deutschland am frühen Morgen mit Informationen zu versorgen, müssen viele Nachtschichten geschoben werden - und kaum sind die Schichten vorbei, rollt in den Stadien auch schon wieder der Ball. Eines aber steht schon jetzt fest: Wenn Deutschland Weltmeister werden will, dann geht das nur im Ersten. Dort wird das Finale am 13. Juli nämlich zu sehen sein. Gerhard Delling hat jedenfalls schon mal angekündigt, seine Rückreise nicht früher antreten zu wollen.