Paukenschlag beim "Focus". Nach nur eineinhalb Jahren an der Spitze wird Jörg Quoos als Chefredakteur des Nachrichtenmagazins völlig überraschend abgelöst. Sein Nachfolger steht schon fest: Der ehemalige "WAZ"-Chef Ulrich Reitz - einst Gründungsmitglied des "Focus" - soll seine Nachfolge antreten. Am Vormittag bestätigte Hubert Burda Media entsprechende Berichte von "Horizont" und "Meedia", die Redaktion des Magazins wurde nur wenige Minuten später über die spektakuläre Personalie informiert. Dass es Quoos nicht gelang, ein weiteren Sinken der Auflagen zu verhindern, war offenbar nicht Anlass für die Entscheidung. Unter Quoos, so heißt es laut "Horizont" bei Burda, sei der Titel im journalistischen Mainstream der Republik mitgeschwommen, habe aber kaum eigene inhaltliche Akzente gesetzt.

Das ist freilich nicht ganz richtig: Im April 2013 - und damit nur wenige Monate nach dem Amtsantritt des neuen Chefredakteurs - hatte "Focus" den Steuerfall Uli Hoeneß öffentlich gemacht. Das war eine durchaus mutige Entscheidung, sitzt "Focus"-Herausgeber Helmut Markwort doch im Aufsichtsrat des FC Bayern. Auch der Fund von Nazi-Kunst in München stand zuerst im "Focus". Und dennoch kam es zuletzt offenbar zu einer Verstimmung. In einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung ist dann auch die Rede von "unterschiedlichen Auffassungen bezüglich der künftigen Ausrichtung des Magazins". Doch so sehr man Quoos auch so manches weiche Thema auf dem "Focus"-Titel vorwerfen kann - auch in der Vergangenheit war das bekanntlich häufig nicht wirklich anders.

Und mit dem ehemaligen "Cicero"-Mann Wolfram Weimer, der den "Focus" stärker politisch ausrichten wollte und den "Focus" nach nur einem Jahr verlassen musste, kam man bei Burda offensichtlich ja auch nicht zurecht. Hinzu kommt, dass Quoos den Umzug mehrerer Ressorts von München nach Berlin vorantrieb, um näher am "politischen und kulturellen Kraftzentrum" zu sein, wie er es vor nicht einmal einem Jahr nannte. Dennoch der erneute Wechsel an der Spitze: Ulrich Reitz soll nach Angaben des Verlags mit dem Auftrag antreten, "den erfolgreich eingeschlagenen Kurs fortzusetzen und das Profil des Magazins als meinungsbildende Stimme zu schärfen". Von seiner hervorragenden Vernetzung, die Burda-Vorstand Philipp Welte dem ehemaligen "Bild"-Mann Jörg Quoos, noch vor zwei Jahren attestierte, will man beim "Focus" nun also nicht mehr profitieren.

Dennoch gibt's ein paar warme Worte: "Die Verdienste von Jörg Quoos um die Erneuerung unseres Nachrichtenmagazins sind enorm", sagte Welte nun in einer Mitteilung. "Wir danken einem exzellenten Journalisten für seine hervorragende Arbeit. Ulrich Reitz findet beste Bedingungen vor. Von ihm erwarten wir uns eine entschlossene Weiterentwicklung unseres Magazins im gesellschaftlichen Diskurs. Er ist ein renommierter und erfahrener Journalist, der die Focus-DNA in sich trägt", so Welte weiter. Ulrich Reitz ist Gründungsmitglied des "Focus" und leitete bis 1997 in Bonn die Parlamentsredaktion des Magazin. Zuvor war er für "Die Welt" tätig gewesen, nach seiner Zeit bei "Focus" übernahm er die Chefredaktion der "Rheinischen Post". Von 2005 bis Juni dieses Jahres war Reitz schließlich Chefredakteur der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung".

Die Entscheidung, einen Wechsel an der "Focus"-Spitze zu vollziehen, fällt inmitten wahrer Chaos-Tage bei den großen Nachrichtenmagazinen. Erst vor zwei Wochen hatte "Stern"-Chefredakteur Dominik Wichmann seinen Hut nehmen müssen - und auch sein "Spiegel"-Kollege Wolfgang Büchner bekommt derzeit viel Gegenwind zu spüren. Gerade erst hatten mehr als 80 Prozent der Print-Redakteure eine Petition gegen Büchners Umbau-Pläne unterzeichnet. Dass nun auch beim "Focus" mal wieder ein Neustart gewagt wird, passt so gesehen also ganz gut ins Bild dieser Tage.