"Es wurde gelacht, einer hat sich aufgeregt, man ist sich ins Wort gefallen - ich bin ganz zufrieden" - das war das Fazit von Klaas Heufer-Umlauf, der den neu geschaffenen "Fernsehgipfel" zur Eröffnung der Medientage München moderierte und tatsächlich frischen Wind in die Veranstaltung brachte. Wirklich tiefschürfend neue Erkenntnisse gab es erwartungsgemäß trotz der ganz munteren Plauderrunde nicht, zumindest konnte man sich aber zum Schluss auf die Formel "Qualität setzt sich durch" einigen.

Als die Diskussion sehr in Richtung der Frage lineares Fernsehen vs. VoD abdriftete, brachte Nico Hofmann das Gespräch auf das, was man schon bei der MIPCOM und in den letzten Monaten beobachten konnte: Die neue Welle an deutschen Serien, die sich qualitativ auf internationalem Niveau befinden sollen. Von einem "Mind-Reset bei deutschen Produzenten" sprach Hofmann. Die deutschen Produzenten stellen sich nun die Frage, was man Produktionen wie "House of Cards" entgegen setzen könne. "Wir müssen selbst in der Lage sein, gute Serien herzustellen." Die Qualitätsdebatte sei in Deutschland jedenfalls "auf ein völlig anderes Niveau gekommen".

Die Frage, wo diese Produktionen dann zu sehen sein sollen, sei doch zweitranging. Je größer das Angebot ist, desto eher würden die Leute "wie Trüffelschweine Qualität aus den Programmen herauspicken", so Hofmann, der an der Stelle auch Sky als wichtiger werdenden Partner nannte. Gary Davey von Sky nannte als großes Ziel dann auch, die Serienproduktion auf ein "neues Level" heben zu wollen - räumte aber ein, dass man hierzulande noch ein Newcomer in diesem Business sei.

Ansonsten wurde wie erwähnt viel über die Konkurrenz fürs lineare Fernsehen durch die Video-on-Demand-Angebote aus dem Web diskutiert. Wobei: Christoph Schneider, der Geschäftsführer von Amazon Instant Video, sieht weniger eine Konkurrenz-Situation mit dem linearen TV, als komplementäre Angebote. Inhalte, die im TV großes Interesse auf sich zogen, würden auch bei Amazon die Nutzungszahlen hochschnellen lassen. Auf der anderen Seite könnten auch TV-Sender davon profitieren, wenn alte Folgen von Serien bei Amazon Instant Video oder anderen Anbietern nachgeholt werden könnten. "Das muss sich nicht kannibalisieren", so Schneider.

Auch ProSiebenSat.1 TV Deutschland-Chef Wolfgang Link sieht die Lage entspannt - auch, wenn Inhalte womöglich vor der Free-TV-Auswertung nun auch noch online zu sehen sind. "Ich weiß nicht, ob Exklusivität so wichtig ist", so Link. Er verwies darauf, dass man teils selbst Serien vorab schon kostenfrei bei MyVideo zeige - das führe aber nicht zu einem Einbruch der Zahlen im Free-TV, sondern funktioniere eher als PR-Maschine. "Wir nutzen unsere Angebote als Ping-Pong-Spiel", erklärte Link.

Der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor gab sich gelassen und verwies auf die "deutsche Realität", in der zwar immer mehr Smart-TVs verkauft würden, die Hälfte aber nicht mal angeschlossen werde und von diesen wiederum ein großer Teil gar nicht genutzt. Zwar werde die Nutzung wachsen, aber die Geschwindigkeit werde hier überschätzt. Eine Beobachtung, die auch Gary Davey machte: "Die Verhaltensmuster ändern sich - aber viel langsamer, als die Leute glauben." Bei BSkyB erfolge trotz unterschiedlichster On-Demand-Angebote noch immer 90 Prozent der Nutzung linear. Für große Events bleibe das lineare Angebot ohnehin maßgeblich - auch, weil Menschen über Gesehenes unterhalten wollen.

Beim neuen Jugendangebot bleibt Marmor jetzt aber gar nichts anderes übrig, als ein nur im Netz angesiedeltes Angebot zu betreiben.Doch braucht man ein solches Angebot überhaupt? Mediakraft-Chef Christoph Krachten meint wenig überraschend: Nein. "Mir tut's leid um die 45 Millionen Euro Gebührengelder". In den letzten Jahren habe eine Demokratisierung der Medienwelt stattgefunden. Tausende aus der Zielgruppe machen Programm, das genau diese Zielgruppe sehen wolle. "Ein Sender im Internet führt das ad absurdum – man braucht keinen Sender mehr, der übers Programm bestimmt", so Krachten.

Heute könne das Publikum viel eher selbst bestimmen, welches Programm gemacht werde, weil man in der digitalen Welt besser sehen kann, was das Publikum will. Auch Shahrzad Rafati von Broadband TV schlug in diese Kerbe und sagte, man könne heute viel mehr Dinge ausprobieren - die Nutzer würden dann schon sagen, was sie wollen. Ein Modell, das auch Amazon mit der Abstimmung über Piloten in ähnlicher Weise verfolgt. Ob das Befriedigen von vorhandenen Bedürfnissen grundsätzlich der richtige Weg ist, ist aber eine andere Frage. Nico Hofmann warf jedenfalls ein: "Die größten Programmerfolge sind immer gegen heftigste Widerstände entstanden". Insofern kann man den Sendern nur wünschen, dass sie das Motto "Probiert was, riskiert was", das Lutz Marmor nach eigenen Aussagen von seinen Mitarbeitern fordert, auch häufiger beherzigen.