Ein bisschen Shakespeare, ein bisschen Tarantino, das Ganze angerichtet mit klassischer Musik: Der vom Hessischen Rundfunk produzierte "Tatort: Im Schmerz geboren" ist der außergewöhnlichste Film der populären ARD-Krimireihe. In Baden-Baden wurde er am Freitag Abend zum Abräumer des diesjährigen FernsehfilmFestivals der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste. Drei verschiedene Jurys zeichneten ihn unabhägig voneinander aus.

Den Hauptpreis des Festivals, den Fernsehfilmpreis, gab es nach vier Tagen intensiver öffentlicher Diskussionen von der 2014er Jury um den Vorsitzenden Torsten Körner. "Das wahnwitzige Duell zwischen dem Kommissar (Ulrich Tukur) und seinem rachedurstigen Antagonisten (Ulrich Matthes) wird niemand vergessen", so die Jury in ihrer Begründung. Dieser hr-"Tatort" von Regisseur Florian Schwarz und Autor Michael Proehl sei altmodisch und innovativ zugleich, "frech, aber auch hingebungsvoll archäologisch, er ist amüsant, eigenwillig und setzt große Bilder in die Welt, die auch im Fernsehen nicht klein aussehen".



Auch der Preis der Studentenjury ging an "Im Schmerz geboren". Er wird gemeinsam von Studenten der Filmakademie und der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg in Ludwigsburg sowie der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf vergeben. Der Nachwuchs zeigte sich beeindruckt vom Einsatz der Stilmittel in einem Film, "der die Lust der Filmemacher auf uns, das Publikum, überträgt und der zeigt, was Fernsehen kann". Zeitgleich zum Festival in Baden-Baden waren alle zwölf Wettbewerbsfilme auch auf 3sat zu sehen. Die Zuschauer konnten eine Woche lang im Internet oder telefonisch ihre Stimme abgeben - und wählten den hr-"Tatort" zum Sieger des 3sat-Zuschauerpreises. Rund 2.600 von insgesamt 12.500 Stimmen konnte er auf sich vereinen.

Damit durfte sich neben der Filmcrew selbst vor allem Liane Jessen über einen triumphalen Abend freuen. Die Fernsehspielchefin des Hessischen Rundfunks gilt als mutige Ermöglicherin unkonventioneller Stoffe - und bekam daher auch noch den Hans Abich Preis für außergewöhnliche Verdienste um den deutschen Fernsehfilm verliehen. "So unterschiedlich die Fernsehfilme, Kinokoproduktionen, Debütfilme und die Krimis der 'Tatort'-Reihe auch sein mögen, so sind sie doch alle auf ihre Art kleine Kunstwerke und als solche getragen von der Idee, dass im Fernsehen das Überschreiten von Grenzen fruchtbarer ist als das Einhalten von Formatregeln", heißt es in der Begründung der Jury. "Der Hans Abich Preis 2014 würdigt diese Handschrift, mit der Liane Jessen - selbst im Zentrum des Systems agierend - das System vor allem dazu nutzt, es systematisch in Frage zu stellen."

Einen Sonderpreis für Idee und Konzept von "Altersglühen - Speed Dating für Senioren" (WDR/NDR) erhielt der Autor, Regisseur und Schauspieler Jan Georg Schütte. Die Jury lobte das "herrliche Experimentierfeld": Die Schauspieler kannten nur die Biografie ihrer Figur, jede Szene wurde nur einmal gedreht und frei improvisiert. "Paradox genug dabei ist, dass sich der Ideengeber als Autor abschafft, die Schauspieler als Autoren einsetzt, aber zugleich derjenige bleibt, ohne den alles nichts wäre." Mit einem Darstellerpreis für seine schauspielerische Leistung als Oberstleutnant Harald Schäfer in "Bornholmer Straße" (MDR/ARD Degeto/RBB) wurde Charly Hübner ausgezeichnet - "für diese große Kunst mimetischen Dolmetschens - große Komödianten übersetzen fremd-ferne Dramen, ohne sie dabei leichtfertig zu beschädigen".

Zwei weitere Preise gingen an ZDF-Kinokoproduktionen des Kleinen Fernsehspiels: "Wir waren Könige" von Regisseur Philipp Leinemann gewann den Nachwuchspreis MFG-Star, Komponistin Martina Eisenreich den Rolf-Hans Müller Preis für Filmmusik für ihren Soundtrack zu "Be My Baby".