Das Interview beginnt scheinbar unvermeidlich mit dem Dschungelcamp und liefert damit gleich die Überschrift („Ein bisschen Voyeurismus gehört dazu“), doch im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ gibt Anke Schäferkordt dann auch erstmals offiziell Auskunft für die seit einigen Wochen in der Zentrale in Köln-Deutz umgesetzten neuen Strategie. Im Mittelpunkt steht dabei ein Umdenken innerhalb der Sendergruppe. „Hier geht es nicht um Zentralisierung. Vielmehr müssen wir die enge Zusammenarbeit innerhalb der Mediengruppe RTL fördern und Rahmenbedingungen für mehr Kreativität schaffen“, erläutert Schäferkordt im Gespräch mit den „FAZ“-Redakteuren Jan Hauser und Christian Müßgens.



Noch vor Weihnachten präsentierte Anke Schäferkordt diese Strategie den Führungskräften in Köln und schwor die einzelnen Tochterfirmen zum Denken und Handeln als Mediengruppe RTL Deutschland ein. Nach dem räumlichen Umzug in die neue Firmenzentrale im Jahr 2010 sollen alte Denkmuster über Bord geworfen werden. „Wir haben in verschiedenen Unternehmensbereichen Mitarbeiter, die sich mit der Entwicklung neuer Formate beschäftigen. Diese Kollegen werden sich künftig stärker austauschen, etwa in übergreifenden Kreativteams oder durch die Arbeit an gemeinsamen Projekten“, erklärt die RTL-Managerin dazu im „FAZ“-Gespräch.

Es ist ein schmaler Grat, auf den Anke Schäferkordt ihre Mediengruppe RTL Deutschland schickt. Mit Sorge denken nicht wenige Mitarbeiter in Köln-Deutz an die Matrix-Struktur der Konkurrenz in Unterföhring. Die ProSiebenSat.1 TV Deutschland hatte mit der Integration von Sat.1 am Standort Unterföhring eine nicht unumstrittene Struktur eingeführt, die ihres Gleichen suchte: Beinahe alle Aufgaben und Positionen wurden senderübergreifend ausgerichtet. Vertraglich bedeutete das für die Mitarbeiter: Sie waren fortan für eine Dachmarke, nicht mehr einzelne Sender tätig.

So ergeht es seit dem 1. Januar beispielsweise auch schon den Pressesprechern der Mediengruppe RTL Deutschland, die seit dem Jahreswechsel eben genau dort und nicht mehr bei den einzelnen Sendern angestellt sind. Die Botschaft nach außen: Es gibt nur noch einen Absender, die Mediengruppe RTL Deutschland. Dazu kamen mehrere Bürowechsel. Manch einer opferte den Domblick für die neue Nähe zueinander. Bleibt also abzuwarten, wie weit sich die Zusammenarbeit in der Sendergruppe intensivieren lässt ohne dabei, ob gewollt oder ungewollt, eine Zentralisierung zu erreichen. Der Weg zu einer klugen Kräftebündelung ist ein schmaler Grat.

Nötig ist er aus Sicht von Anke Schäferkordt auch deshalb, weil Eigen- und Auftragsproduktionen an Relevanz gewinnen. Sie bekräftigt im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ damit einen Kurs, den die RTL-Chefin bereits im Sommer 2013 bei der eigenen Screening-Tour Fourscreen erstmals auf großer Bühne formulierte: Eine größere Unabhängigkeit von Lizenzware aus den USA. Damals wie heute meinte Anke Schäferkordt damit jedoch nicht zwingend die derzeit so heiß gehandelten fiktionalen Produktionen, insbesondere Serien. Es ging grundsätzlich um mehr Fernsehstunden made in Germany.

Der „FAZ“ sagt sie dazu: „Wir müssen uns fragen, mit welchen Inhalten wir in Zukunft bei den Zuschauern punkten können. Hollywood-Blockbuster und amerikanische Serien werden auf lange Sicht für unsere großen Sender an Bedeutung verlieren, wenn es sie bei einer immer größeren Zahl von Anbietern im Netz gibt. Was wir daher brauchen, sind eigene, exklusive Formate, die nur bei den Sendern der Mediengruppe RTL laufen.“ Diese Strategie wolle sie künftig noch stärker forcieren und bekanntlich gehört inzwischen, etwa mit dem Prestige-Projekt „Deutschland 83“, auch das Genre der TV-Serie dazu.

Die immer größere Zahl an Anbietern im Netz, von denen die RTL-Chefin spricht, machen ihr auch Anfang 2015 nicht mehr Sorgen als noch vor gut einem Jahr als Anke Schäferkordt schon im DWDL.de-Interview einer Subscription-Video-on-Demand-Plattform (SVoD) aus dem Hause der Mediengruppe RTL Deutschland eine Absage erteilte. Es gebe, so die Einschätzung damals, keine verlässlichen Geschäftsmodelle mit denen sich eben nicht nur Marktanteile sondern auch Gewinne erwirtschaften ließen. Und auch der „FAZ“ sagt Schäferkordt heute: „Das ist im Moment für die Mediengruppe RTL kein Thema. Ob es in einigen Jahren ein solches Projekt geben könnte, werden wir sehen.“