Es wäre wohl die bisher kostspieligste Übernahme der Expansionspolitik von ITV. Der britische TV-Konzern hat seine Produktionstochter ITV Studios in den vergangenen Jahren bereits mit Zukäufen von Produktionsfirmen wie Leftfield Entertainment, Thinkfactory Media, Gurney Productions, The Garden, DiGa Vision and High Noon Entertainment verstärkt und gerade auch in der jüngsten Konzentrationswelle des internationalen TV-Produktionsgeschäfts aktiv mitgemischt.

Jetzt also Talpa. Nach einem Exklusiv-Bericht des britischen Branchendienstes „Broadcast“ bestätigte ITV am Freitagnachmittag „exklusive Gespräche über eine Übernahme von Talpa“. Die Produktionsfirma ist bislang zu 100 Prozent in Besitz von John de Mol und hat sich im globalen Formatgeschäft mit „The Voice“ sowie „Utopia“ einen Namen gemacht. “These discussions may or may not result in agreement of a transaction. A further announcement will be made when appropriate“, so der englische Wortlaut der weiteren Stellungnahme von ITV.

Dass John de Mol einen Käufer für sein Unternehmen sucht, ist schon länger bekannt. Im vergangenen September bestätigte Talpa, dass man Bank of America Merrill Lynch mit der Sondierung von potentiellen Interessenten beauftragt habe. Damals wurde über die Shine Group oder FremantleMedia als potentielle Käufer spekuliert. Finanzmedien hatten den Kaufpreis für Talpa damals auf zwischen 600 und 700 Millionen Euro geschätzt.

In Deutschland stieg John de Mols Talpa im vergangenen Herbst mit 49,9 Prozent bei der Produktionsfirma Schwartzkopff TV ein, die bis dato eine einhundertprozentige Tochter von Axel Springer war. Das Unternehmen produzierte in Deutschland bereits in enger Partnerschaft die Talpa-Formate „The Voice“ und „The Voice Kids“. Anfang 2014 hatte Talpa die Schaffung von Talpa UK, Talpa Italy und Talpa Nordic bekannt gegeben. Auch in den USA und im Mittleren Osten gibt es Talpa-Töchter.

Die mögliche Übernahme von Talpa durch ITV käme damit für John de Mol zu einem strategisch wichtigen Zeitpunkt. Derzeit steht Talpa in vielen Märkten vor der Frage, ob man nur als Lizenzgeber oder auch Produzent auftritt - und Strukturen neu aufbaut. Unter dem Dach von ITV Studios könnte man sich Letzteres sparen. Doch John de Mol verkaufte schon einmal ein von ihm geschaffenes TV-Unternehmen - und schwor sich stets, nicht noch einmal den Fehler zu machen wie damals mit Endemol, seinem ersten Baby.