Ein britischer TV-Konzern kauft eine niederländische Produktionsfirma - und das deutsche Fernsehpublikum spielte dabei eine ganz entscheidende Rolle. Bereits vor zwei Wochen wurde bekannt, dass ITV und Talpa Media in exklusiven Gesprächen sind. Doch das Schicksal des Deals hing in den vergangenen Tagen nicht unwesentlich vom Sat.1-Vorabendprogramm ab. Für die Bewertung von John de Mols Produktionshaus war ein Erfolg der deutschen Umsetzung des Talpa-Formats „Utopia“ - bei uns „Newtopia“ - von großer Bedeutung. Wäre das Format nach dem Flop in den USA auch in Deutschland gescheitert, hätte es wenig Aussicht auf eine weitere internationale Vermarktbarkeit gegeben. Doch in London bewertete man „Newtopia“ in den vergangenen Tagen als großen Erfolg - für Sat.1 und eben Talpa Media. Dem Deal stand nichts mehr im Wege.

John de Mol© Talpa

„Unter all den potentiellen Partnern für Talpa ist ITV ohne Zweifel die beste Lösung“, sagt John de Mol (Foto). Der TV-Produzent verkauft nach Endemol damit bereits zum zweiten Mal ein von ihm geschaffenes TV-Produktionshaus. Für zunächst 500 Millionen Euro in bar übernimmt der britische TV-Konzern ITV einhundert Prozent der Anteile an Talpa Media - und wird je nach Entwicklung in den kommenden Jahren noch maximal 600 Millionen Euro nachlegen. „In ihrer Fokussierung auf gutes Fernsehen verfolgen die beiden erfolgreichen Firmen die gleiche Strategie. Für Talpa bedeutet dies eine fantastische Möglichkeit für zukünftiges Wachstum“, erklärt de Mol. Er gibt an diesem Donnerstag auch gleich einen Hinweis auf die Beweggründe: „Es ermöglicht mir persönlich darüber hinaus die Konzentration und Fokussierung auf die Kreation neuer, innovativer TV-Ideen.“

DWDL.de berichtete bereits vor zwei Wochen über genau diese Motivation für einen erneuten Verkauf eines von ihm geschaffenen Produktionshauses. Talpa stand zunehmend vor der Frage, ob es in diversen Märkten seine Formate in Lizenz oder mit eigenen Töchtern produzieren wollen würde. Das jedoch hätte den stets von Inhalten getriebenen John de Mol in viel Aufbauarbeit verstrickt. Jetzt liegt diese Aufgabe in den Händen von ITV bzw. ITV Studios. John de Mol, einst mit Endemol durch die Erfindung von „Big Brother“ zum großen Namen im internationalen Produktionsgeschäft geworden, hat mit Talpa Media im vergangenen Jahr einen Umsatz von 233 Millionen Euro und einen Gewinn von 61 Millionen Euro erwirtschaftet. Zum Format-Portfolio gehören etwa „The Voice“, „The Voice Kids“, „Utopia“, „I Love My Country“ und „Dating In The Dark“.

"John de Mol und sein Team haben über die Jahre eine unglaubliche Erfolgsgeschichte vorgelegt"

ITV-CEO Adam Crozier

Diese Formate würden hervorragend zum bestehenden Katalog von ITV Studios passen, heißt es in London. Man will seine Position als einer der führenden TV-Produzent in Europa mit dieser Übernahme deutlich stärken. „Gutes Fernsehen ist das Herz der Wachstumsstrategie von ITV und die Übernahme von Talpa baut auf dem Erfolg unseres internationalen Produktionsgeschäfts auf. Sie ist absolut im Einklang mit unserem Wunsch, Formate zu kreieren und halten, die international reisen. John de Mol und sein Team haben über die Jahre eine unglaubliche Erfolgsgeschichte vorgelegt. Ich freue mich, sie in der ITV-Familie willkommen zu heißen. Dies ist eine große Chance für ITV, die Fortschritte im Aufbau eines globalen Produktionsgeschäfts deutlich zu beschleunigen“, erklärt ITV-CEO Adam Crozier am Donnerstag zur Übernahme von Talpa Media.

John de Mol soll zusammen mit seinem Führungsteam und den Kreativen des Hauses weiterhin an Bord bleiben und sich an der Seite von ITV-Studios-Chef Kevin Lygo einbringen. Der Deal soll, so hoffen die beiden Parteien, vorbehaltlich der Zustimmung der Wettbewerbshüter im zweiten Quartal des Jahres abgeschlossen werden. Viele Fragen jedoch bleiben zunächst offen. So hat Talpa Media sich in Deutschland erst im vergangenen Herbst an der Produktionsfirma Schwartzkopff TV beteiligt, die seitdem als Talpa Germany firmiert. ITV jedoch hat mit ITV Studios Germany ebenfalls bereits lange eine eigene Tochter im deutschen Markt. Kaum also ist geklärt, wie Shine und Endemol zusammenwachsen, stehen allein auf dem deutschen Produktionsmarkt die nächsten Produktionshäuser vor einer noch ungeklärten Zukunft.

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