In der neu geschaffenen Position als General Manager Europa erweitert Stefan Kastenmüller mit sofortiger Wirkung seinen Verantwortungsbereich um Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Benelux, Skandinavien und Osteuropa. 2013 hatte er das WWE-Büro in München eröffnet und seither als General Manager für Deutschland, Österreich und die Schweiz geleitet. Er berichtet an Ed Wells, WWE Senior Vice President und Managing Director International. "Seit 2013, als Stefan zu uns kam, hat er neue Geschäftsfelder für uns eröffnet und insgesamt dazu beigetragen, die Präsenz unserer Marke in ganz Europa zu stärken", lobt Wells.

Freimütig bekennt Kastenmüller im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de, dass er keine Ahnung vom Wrestling hatte, als ihm vor zwei Jahren ein Headhunter den WWE-Posten anbot. Es dauerte nicht lange, bis der frühere Disney-, MTV- und UFA-Manager sowohl die weltweite Faszination als auch die enorme Wirtschaftskraft der Marke verstanden hatte. "Wrestling ist kein Sport, sondern Storyline-getriebenes Entertainment", sagt Kastenmüller. "Im Grunde genommen erzählen wir die am längsten laufende Soap Opera der Welt." Tatsächlich weist WWE stets deutlich darauf hin, dass ihre Inhalte gescripted sind und von professionellen Darstellern gespielt werden - "wie in jedem anderen Actionfilm oder jeder anderen Actionserie auch".



In Deutschland freilich musste Kastenmüller feststellen, dass die Strahlkraft der Marke schon einmal größer gewesen war. Die ausschließliche TV-Verbreitung über Sky hatte die Reichweiten schrumpfen lassen. Im Frühjahr 2014 stellte der Fernsehmann die TV-Strategie daher auf neue Füße, vergab ein umfassendes Rechtepaket an ProSiebenSat.1, das sowohl Free- als auch Pay-TV und Pay-per-View enthält. Die wöchentliche Show "SmackDown" läuft seither freitags um 23.15 Uhr auf ProSieben Maxx, das Nachwuchsformat "WWE NXT" eine Stunde davor auf ProSieben Fun, große Live-Events wie "Wrestlemania" im kostenpflichtigen Einzelabruf bei Maxdome. Ebenfalls mit im Ring steht Tele 5, das donnerstags um 22.15 Uhr das Format "Raw" zeigt.

"Die Free-TV-Präsenz ist für uns ungeheuer wichtig", so Kastenmüller. "Die frühere Verknappung auf ein reines Pay-TV-Angebot war kein Erfolgsmodell fürs Wrestling in Deutschland." Auf ProSieben Maxx erzielen die WWE-Shows im Durchschnitt 1,5 bis 2 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen, auf Tele 5 sind es in der Regel über 3 Prozent. Auf Maxdome zählt WWE laut Kastenmüller fünfstellige Abrufzahlen pro Monat - und das, obwohl dort saftige Preise von 15 bis 25 Euro pro Live-Event fällig werden. Der jährliche Höhepunkt im Wrestling-Kalender, die "Wrestlemania", steigt am 29. März und schlägt mit dem Höchsttarif zu Buche. Auf ihrem YouTube-Kanal wiederum verzeichnen die Wrestler nach eigenen Angaben monatliche Abrufe in zweistelliger Millionenhöhe allein von deutschen IP-Adressen.

In München hat Kastenmüller ein achtköpfiges Redaktionsteam für den deutschen Markt, das sich vor allem darum kümmert, die internationalen Inhalte zu übersetzen und für hiesige Bedürfnisse zu konfigurieren. In die Storyline, die fortlaufend über die wöchentlichen Shows und Live-Events erzählt wird, mischen sie sich nicht ein. Sie wird ausschließlich vom Autorenteam in der US-Zentrale geschrieben. Mitte April kommt der komplette Wrestling-Tross mitsamt Superstars wie Brock Lesnar, Bad News Barrett oder The Undertaker für drei Live-Events nach Hamburg, Dortmund und Nürnberg.

An einem wesentlichen Unterschied zum US-Markt hat Kastenmüller noch zu knacken: Während Wrestling in der WWE-Heimat als Family Entertainment mit PG-Rating, also ohne spezifische Altersbeschränkung, eingestuft wird, unterliegt es hierzulande einer Altersfreigabe ab 16 Jahren - mit der Folge, dass eine freie TV-Ausstrahlung vor 22 Uhr nicht möglich ist. "Jugendliche verstehen sehr gut, dass es beim Wrestling um eine Story geht und nicht um echte physische Gewalt", ist Kastenmüller überzeugt und will weiter das Gespräch mit den Landesmedienanstalten suchen. Was ihn optimistisch stimmt, ist die Erfahrung, dass sich Ansichten im Laufe der Zeit meist wandeln: "Während meiner Jetix-Zeit gab es heftige Diskussionen über die 'Power Rangers'. Manche stuften sie gar als jugendgefährdend ein. Heute stört sich keiner mehr daran, dass sie als Preschool-Inhalt geführt werden."