Überraschende Nachrichten am Vorabend der großen Jahres-Programmpräsentation der ProSiebenSat.1 Media AG: Bevor es am Dienstagabend um die Programme ihrer Sender geht, bringt ein Bericht des „Wall Street Journal“ (Dienstagsausgabe) den TV-Konzern zusammen mit dem Medienhaus Axel Springer SE in die Schlagzeilen: Beide Häuser befänden sich in Gesprächen über eine Fusion. Beide Unternehmen bringen es zusammen auf eine Marktkapitalisierung von 14,4 Milliarden Euro - eine Medienheirat, die einem Erdbeben im deutschen Medienmarkt entsprechen würde. "Kein Kommentar", sagt ein ProSiebenSat.1-Sprecher am Montagabend auf Anfrage des Medienmagazins DWDL.de.

Die Gespräche sind nach Informationen des „Wall Street Journal“ noch im sehr frühen Stadium. Demnach komme der ProSiebenSat.1 Media AG in den Gesprächen mit Axel Springer SE sogar die Rolle des Senior Partners zu. Tatsächlich hat ProSiebenSat.1 eine mehr als doppelt so hohe Marktkapitalisierung wie Springer, obwohl die beiden Unternehmen hinsichtlich des Umsatzes nicht weit auseinanderliegen. Springer beeilte sich am Dienstagmorgen dann auch klarzustellen, dass Friede Springer weiterhin das Sagen im Eigenen Haus behalten werde. Wörtlich heißt es: "Die Axel Springer SE arbeitet unverändert an der Umwandlung der Rechtsform des Unternehmens in eine KGaA mit dem Ziel, die Kontinuität der Kontrolle durch die Axel Springer Gesellschaft für Publizistik GmbH & Co./Friede Springer langfristig sicherzustellen und Wachstumsoptionen zu erschließen. Deswegen entbehren Spekulationen bezüglich der Abgabe dieser Kontrolle jeder Grundlage."

Beide Häuser wissen unterdessen bereits zu gut, wie schwierig eine Fusion sein kann. Vor zehn Jahren bekundete Axel Springer schon einmal Interesse an einer Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG und legte im Jahr 2005 ein Angebot von drei Milliarden Euro vor. Die beabsichtigte Übernahme wurde damals von Kartellamt und der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich, KEK, untersagt.

Im Januar 2006 zog Axel Springer sein Angebot zurück. Doch juristisch kämpfte Axel Springer noch bis Anfang 2014 gegen die damals untersagte Übernahme. Eine Klage gegen die Entscheidung des Kartellamts wurde 2010 in letzter Instanz abgelehnt. Doch im Januar 2014 - acht Jahre nach dem abgesagten Interesse an dem TV-Konzern aus Unterföhring - bekam man noch in Teilen Recht. Die zuständige Kontrollkommission KEK habe fälschlicherweise angenommen, das neue Unternehmen würde eine vorherrschende Meinungsmacht besitzen - so das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.

Roland Pühler, Leiter Gesellschafts- und Kartellrecht bei Axel Springer, erklärte  Anfang 2014 zu dem finalen Urteil: "Auch wenn die Übernahme selbst für uns heute nicht zur Debatte steht, so war uns doch wichtig, Rechtsklarheit zu gewinnen." Anderthalb Jahre später sieht die Medienwelt scheinbar schon wieder ganz anders aus. Beide Firmen haben in den vergangenen Jahren massiv in ihr Digital-Portfolio investiert und würden insbesonders in diesem Segment zahlreiche Synergien nutzen. Der Wunsch des Hauses Axel Springer im Fernsehgeschäft eine größere Rolle zu spielen, dokumentierte sich in den vergangenen 15 Jahren in mehreren kleineren, erfolglosen Versuchen (Stichwort "Newsmaker" bei Sat.1).

Im Dezember 2013 dann der bisher größte Schritt ins TV-Geschäft mit der Übernahme des unabhängig agierenden Nachrichtensender N24, den man mit den Aktivitäten der Nachrichtenmarke "Welt" zur WeltN24 GmbH verschmolz. Vor kurzem hatte sich Axel Springer noch von seinen letzten Anteilen an der Produktionsfirma Talpa Germany getrennt, um sich im TV-Segment ganz auf N24 zu konzentrieren. Amüsant: Der Nachrichtensender würde bei einer Fusion mit der ProSiebenSat.1 Media AG wieder zurückkehren in die Senderfamilie, in der er einst auf Sendung ging.