Es ist gut zwölf Jahre her: Zur Saison 2003/04 feierte die „Sportschau“ im Ersten ihr großes Fußball-Comeback. Nach vielen Jahren „Ran“ in Sat.1 hatte sich die ARD das größte Stück vom Kuchen der Free-TV-Übertragungsrechte gesichert. Das war der letzte große Wechsel der Bundesliga-Rechte im frei empfangbaren Fernsehen. In zwei weiteren Poker-Runden setzte sich die „Sportschau“ seitdem als wichtigster Free-TV-Partner der Bundesliga durch und nach dem Arena-Debakel scheint im Pay-TV Sky als verlässlicher Partner gesetzt. Bei der nächsten Rechte-Vergabe Anfang 2016 jedoch ist das Duo ARD/Sky mitnichten gesetzt. Der Kölner Privatsender RTL hat eine neue Lust auf Fußball entwickelt, die auch bei der DFL die Fantasien beflügelt. Die Bundesliga träumte schon bei den vergangenen beiden Rechte-Vergaben von optimierter TV-Präsenz.

Es ging um mehr Anstoßzeiten, andere TV-Auswertungen und mehr Fläche. Doch kein Bieter konnte am Ende ein überzeugendes Gegenangebot zum Bollwerk „Sportschau“ am Samstagvorabend vorlegen. Genau das könnte sich mit RTL diesmal ändern. Durch den Erwerb und Erfolg der Qualfikationsspiele der deutschen Fußball-Nationalmannschaft für die EM 2016 ist RTL wieder im Thema. Dass ausgerechnet RTL mit seiner eher konservativen Haltung gegenüber kostspieligen Programminvestitionen aus Prestige-Gründen sich für die bekannterweise nicht durch Werbeeinnahmen zu refinanzierenden Bundesliga-Rechte interessiert, hat seine Gründe: Der ehemals unangefochtene Marktführer im TV-Werbemarkt muss seine Position absichern.

Die bröckelnden Marktanteile der letzten Jahre hinterlassen Spuren: Für Werbevermarkter IP Deutschland wird es immer schwieriger RTL als Leuchtturm im deutschen TV-Markt zu verkaufen. Aufmerksamkeit und komfortables Preisniveau sind bedroht, sollte das langjährige Alleinstellungsmerkmal schwinden. Während es also mit Blick auf die Geschäftsergebnisse der vergangenen Jahre nicht am nötigen Kleingeld mangelt, braucht es dringend eine Stabilisierung der sinkenden Reichweiten von RTL. Mit der Fußball-Bundesliga kann man sich kostspielig sichere Reichweite kaufen. Zwei Modelle wären für RTL denkbar: Eine  „Sportschau“-ähnliche Zusammenfassung der Spiele am Samstagnachmittag, die der Privatsender anders als Das Erste (wegen der „Tagesschau“) sogar bis 20.15 Uhr ziehen kann - und damit einen massiven Primetime-Anschub bekommt. Ein Comeback des „Super-Samstag“.

Ein zweites Modell verlockt besonders den Pay-TV-Platzhirschen. Es ist bekannt, dass die frühe Free-TV-Auswertung am Samstagvorabend Sky seit je her ein Dorn im Auge ist. RTL könnte auf eine „Sportschau“ am Samstagvorabend verzichten und als Entschädigung für eine Zusammenfassung am späteren Samstagabend ein Live-Spiel pro Spieltag im frei empfangbaren Fernsehen zeigen. Die ARD hat in ihrem derzeitigen Bundesliga-Deal nur zwei Freitagsspiele zum Saion- und Rückrundenstart in ihrem Paket. Ein Live-Spiel pro Spieltag frei empfangbar bei RTL - das wäre auch ein Entgegenkommen an die Sponsoren und Werbepartner der Bundesliga-Vereine. Die haben sich bislang stets für den Erhalt der „Sportschau“ eingesetzt, weil diese Reichweite für ihre Werbungen liefert. Sky kann das im Bezahlfernsehen nicht im gleichen Maße liefern. Dieses Live-Modell käme auch der Event-Strategie von RTL entgegen.

Doch mitten in diese Überlegungen der Kölner platzte die unerwartete Entscheidung des IOC, die Übertragungsrechte der kommenden Olympischen Spiele an Discovery bzw. Eurosport zu vergeben. Bei RTL befürchtet man vor diesem Hintergrund einen noch härteren Kampf um die Bundesliga-Rechte. Sollten ARD und ZDF nicht doch noch durch einen Deal mit Eurosport an den Übertragungen der Olympischen Spiele beteiligt werden, werden die beiden öffentlich-rechtlichen Anstalten alles dafür geben, bei anderen Sportrechten zum Zug zu kommen - so die Sorge. Das könnte die Preise treiben. Der bevorstehende Bundesliga-Poker ist also in erster Linie genau das: Ein Poker-Spiel. Lange bevor jeder seine Karten auf den Tisch legt, gilt es das glaubhafteste Pokerface aufzusetzen. In Köln bemüht man sich nach Kräften.

Auf Anfrage des Medienmagazins DWDL.de demonstriert man Gelassenheit. Bundesliga? Bräuchte man eigentlich nicht. „Die Performance unserer TV-Events zeigt, dass wir mit den verbleibenden vier EM-Qualifiern in diesem Jahr, den zehn WM-Qualifiern ab September 2016 sowie den gerade verlängerten TV-Rechten an den Klitschko-Kämpfen und der Formel 1 im TV-Sport bärenstark aufgestellt sind. So gesehen sind wir bei der Frage nach einem möglichen Interesse an weiteren Fußballrechten eher zurückhalten. Weniger kann manchmal tatsächlich mehr sein“,  erklärt ein RTL-Sprecher auf Anfrage und schiebt den obligatorischen Schlüsselsatz hinterher: „Das heißt aber nicht, dass wir nicht alle Rechtepakete sehr sorgsam prüfen werden.“ Also heißt es zunächst: Abwarten. Auch für Günther Jauch, der nach seinem Abschied von der ARD das favorisierte RTL-Gesicht für die Bundesliga-Offensive wäre.