"Es ist ein Schock, mit welcher Schnelligkeit in Polen ein autoritäres System errichtet wird." Das sagte der Historiker Fritz Stern gerade erst in einem lesenswerten Interview mit dem "Tagesspiegel" mit Blick auf die umstrittenen Reformen, die die neue polnische Regierung in den vergangenen Wochen durchgesetzt hat. Bei Arte zieht man nun die Konsequenzen daraus und unterbricht die Zusammenarbeit mit dem polnischen öffentlich-rechtlichen Sender TVP, der sich als "nationales Medium" künftig um die "Vermittlung von Patriotismus" kümmern soll.

"Wir bedauern sehr, diese Entscheidung treffen zu müssen, da unserem Sender die Beziehung mit Polen besonders wichtig ist", schrieben Arte-Präsident Peter Boudgoust und Vizepräsidentin Anne Durupty in einem Brief an den TVP-Intendanten Jacek Kurski, der seit Jahresbeginn im Amt ist. "Wir hoffen, in den nächsten Monaten wieder enger mit TVP zusammenarbeiten zu können." Arte reagiert damit auf die Verabschiedung des umstrittenen polnischen Mediengesetzes. Die Kooperation zwischen TVP und Arte bestand bereits seit 2001.

Es würden keine neuen Koproduktionen begonnen, solange man nicht die Gewissheit habe, "dass die Meinungsfreiheit, die redaktionelle Vielfalt sowie die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Fernsehens in Polen gewährleistet sind", hieß es am Freitag in einer Mitteilung. Unabhängig davon plant Arte, ab Herbst eine Auswahl an Programmen mit polnischen Untertiteln anzubieten. "Arte po polsku" werde die bestehenden Angebote "Arte in English" und "Arte en español" ergänzen, die mit der Unterstützung einer Kofinanzierung durch die Europäische Union seit Herbst 2015 auf der Webseite abgerufen werden können (DWDL.de berichtete).

Auch der MDR setzte in den vergangenen Jahren auf eine Zusammenarbeit mit dem polnischen Sender. Erst 2014 war ein neuer Regionalvertrag vereinbart worden, der den Austausch von Reportagen und Dokumentationen vorsieht. Anders als Arte sieht der MDR derzeit jedoch noch von Konsequenzen ab. "Wir beobachten und begleiten die Ereignisse in Polen auch hinsichtlich der Mediengesetzgebung und -debatte in unseren Programmen ausführlich und mit unserem journalistischen Selbstverständnis", sagte Sandro Viroli, Direktor des MDR-Landesfunkhauses Sachsen, am Freitag auf DWDL.de-Anfrage. "Unsere Zusammenarbeit mit den Redaktionen in Warschau und den grenznahen Regionen sehen wir als bewusstes und gewolltes Angebot zusammen mit den Redaktionen diesseits und jenseits der Grenze ein Bild der kulturellen, gesellschaftlichen und auch politischen Gegebenheiten zu vermitteln."

Man sehe sich insbesondere in der Funktion eines "offenen Gesprächskanals" zwischen den Redaktionen. Viroli: "Da die Leitungspositionen innerhalb der Zentralstrukturen von TVP und Polskie Radio neu besetzt wurden, sondieren wir derzeit die Haltung zu den Zielen unserer Zusammenarbeit. Schwerpunkt unserer aktuellen Projekte ist die Berichterstattung über das Kulturhauptstadtjahr in Wroclaw."

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