Immer wenn es Zeit wird für Geschäftszahlen, dann wird die Frage nach gutem Fernsehen zur Definitionssache. Es sind diese Tage an denen noch einmal vor Augen geführt wird, was ja nun wahrlich kein Geheimnis ist: Als börsennotierte Medienkonzerne brauchen die ProSiebenSat.1 Media SE wie auch die RTL Group Rekordzahlen, die die Fantasien der Anleger beflügeln. Gut ist Fernsehen demnach, wenn es möglichst viel Geld verdient.

Aus dieser Perspektive betrachtet war das Fernsehen der Mediengruppe RTL Deutschland im vergangenen Jahr so gut wie noch nie: Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITA) stieg um 5,2 Prozent auf 684 Millionen Euro. Die Umsatzrendite bezeichnet die RTL Group stolz als „Weltklasse“: Sie liegt inzwischen bei 32 Prozent. Wie wichtig dieser enorme Gewinn der Mediengruppe RTL Deutschland in Deutz für die RTL Group in Luxemburg ist, zeigt der Blick auf die Gesamtwerte. Der Umsatz der gesamten RTL Group lag 2015 bei 6,029 Milliarden Euro und stieg damit im Vergleich zum Vorjahr um 3,8 Prozent.

„Trotz eines gemischten Bildes der globalen Wirtschaft war 2015 ein Rekordjahr für die RTL Group. Erstmals in unserer Unternehmenshistorie überstieg der Umsatz die 6-Milliarden-Euro-Schwelle. Auch das EBITA hat ein neues Allzeithoch erreicht. Unsere größte Einheit, die Mediengruppe RTL Deutschland, ist deutlich gewachsen und erzielte einen weiteren Rekordgewinn – und das bereits das vierte Jahr in Folge“, vermelden die beiden Co-CEOs der RTL Group, Anke Schäferkordt und Guillaume de Posch in ihrem gemeinsamen Statement zum Rekordjahr, was Anleger auch aufgrund eines weiteren Details freuen kann: Nach einer Zwischendividende von einem Euro im vergangenen September folgt nun eine abschließende Dividende von noch einmal 3 Euro pro Aktie.

Getrieben wurde das Umsatzwachstum der RTL Group im vergangenen Jahr aber nicht nur durch das deutsche Geschäft. Auch günstige Wechselkurseffekte sowie gestiegene Umsätze aus dem Digitalgeschäft spielten eine Rolle. Besonders auf die Dynamik im Digitalen ist man stolz. Hier ist der Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr um 72,2 Prozent auf 508 Millionen Euro gestiegen, was neben organischem Wachstum jedoch auch auf neue Akquisitionen zurück zu führen ist. Differenziertere Zahlen zur Entwicklung des RTL Digital Hub werden leider nicht vorgelegt.

Ein Umsatzwachstum des Digitalgeschäfts um 72,2 Prozent wird beim Blick auf das Gesamtbild jedoch ein Stück weit relativiert: Das Digitalgeschäft steuerte mit 508 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2015 8,4 Prozent zum Umsatz des TV-Konzerns bei. Die Co-CEOs der RTL Group, Anke Schäferkordt und Guillaume de Posch, sehen das wenig überraschend etwas euphorischer: „Mit über einer halben Milliarde Umsatz ist das Digitalgeschäft zu einer hoch dynamischen dritten Säule für die RTL Group geworden, zusätzlich zu unseren Sender- und Inhaltegeschäften.“

Nüchtern betrachtet machen die Zahlen jedoch deutlich, dass der  Begeisterung für relatives Wachstum im Digitalen damit dem aus wirtschaftlicher Sicht nachvollziehbaren Verteidigen des höchst lukrativen Status Quo gegenüber, der sich - gemessen an den vorgelegten Zahlen - als deutlich robuster erweist als es neue Wettbewerber und mancher Beobachter heraufbeschwören will. Bleibt nur zu hoffen, dass man sich durch immer intensivere Sparkurse nicht das abwürgt, was letztlich die Basis aller Aktivitäten ist: Gute Inhalte.

Anke Schäferkordt und Guillaume de Posch beruhigen. Die gesunden Finanzen seien die Basis für die beiden Hauptinvestitionsziele. „Erstens wollen wir unser digitales Geschäft ausbauen und weiterentwickeln, da die globale Größe in der Aggregation von Inhalten und in der Werbetechnologie immer wichtiger wird. Zweitens haben wir zum Ziel, die Inhalteproduktion weiter zu stärken. Denn wir sind davon überzeugt, dass die Produktion eigener Inhalte, an denen wir auch die Rechte halten, einer der Schlüssel für weiteres Wachstum ist“, erklären die beiden Co-CEOs.

In der Inhalteproduktion steht die RTL-Tochter FremantleMedia vor einem wichtigen Wandel: Einst sorgten mehrere global erfolgreiche Castingshows für verlässliche Umsätze. Im vergangenen Jahr sank das EBITA des Produktionsarms der RTL Group jedoch um 10 Millionen Euro auf 103 Millionen Euro. Die besondere Expertise für Shows ist weltweit weniger gefragt. Stattdessen stehen Serien im Fokus. „Deutschland 83“ war da ein wichtiger Meilenstein. Der Umbau von FremantleMedia dauere aber noch an. Man mache aber gute Fortschritte „die kreative Vielfalt zu erhöhen.“

Weiter erklären Schäferkordt und de Posch: „FremantleMedia ist bereits heute eines der größten unabhängigen Produktionsunternehmen. Der Schwerpunkt von FremantleMedia liegt in der Partnerschaft mit kreativen Talenten, die neue Projekte für das einzigartige, kreative Netzwerk von FremantleMedia entwickeln. Dieser Trend wird sich fortsetzen und bei FremantleMedia in einem höheren Umsatzanteil der fiktionalen Inhalte niederschlagen.“

Beim Ausblick auf das Jahr 2016 bleibt man vorsichtig optimistisch und wiederholt die Analyse des Vorjahres: Die TV-Werbemärkte spiegelten im Jahr 2015 die makroökonomische Gesamtsituation in Europa wider. Alle europäischen Netto-TV-Werbemärkte, in denen die RTL Group aktiv ist, legten im Vergleich zum Vorjahr zu oder waren stabil. Dieses Bild erwarte man in ähnlicher Form auch 2016. Der Umsatz werde moderat zwischen 2,5 und 5,0 Prozent wachsen. Das EBITA soll wiederum „weitgehend stabil“ bleiben.