75 Prozent seiner Primetime bestritt RTL in der zurückliegenden Saison mit Eigen-, Ko- und Auftragsproduktionen und damit mehr als doppelt so viel wie Sat.1 (37 Prozent) oder ProSieben (31 Prozent). Schon jetzt sei man daher vergleichsweise unabhängig vom US-Lizenzmarkt, der sich für die deutsche Free-TV-Auswertung in den letzten Jahren zunehmend als schwierig erwiesen hat. Und diesen Anteil an eigenem Programm wolle man in Zukunft noch weiter steigern, betonte RTL-Programmgeschäftsführer Frank Hoffmann bei der Programm-PK in Hamburg am Dienstagabend.

Und das gelte gerade auch für den fiktionalen Bereich - denn US-Serien mögen zwar in aller Munde sein, doch sie sind vor der Free-TV-Auswertung eben schon auf so vielen anderen Wegen zugänglich, dass sie dann häufig einen großen Teil ihrer Zugkraft eingebüßt haben, wenn sie im frei empfangbaren Fernsehen ankommen. Zuletzt fehlte es auch RTL hier aber vor allem auch an Masse: Mit "Der Lehrer" hat man zwar eine Serie nach holprigem Beginn zu großen Erfolgen geführt, "Cobra 11" bleibt fester Bestandteil des Programms - doch ansonsten hatte man neben dem Aushängeschild "Deutschland 83", das die Quotenerwartungen des Senders nicht erfüllen konnte, ein zu kleines Angebot.

Das soll sich aber ändern. Gleich sechs neue Serien lässt man nun pilotieren - und sie alle eint eine Gemeinsamkeit: "Eine gehörige Portion Humor sollte immer dabei sein, wenn wir eine Serie machen", so Frank Hoffmann. Alles in allem verteilen sich die sechs Piloten auf vier unterschiedliche Genres. Von den Autoren, die auch für "Der Lehrer" verantwortlich zeichneten, kommt mit "Lifelines" ein Pilot aus dem Bereich Medical. Die Sony-Produktion spielt in einem Krankenhaus in Deutschland und soll unterhaltsame und überraschende medizinische wie zwischenmenschliche Geschichten liefern.

Gleich zwei Serien lässt man aus dem Bereich Crime pilotieren. Ausgangspunkt von "Bad Cop" (Talpa Germany) sind zwei völlig unterschiedliche Zwillingsbrüder: Während der eine als Kripobeamter tätig ist, ist der andere auf die schiefe Bahn geraten und schlägt sich als Kleinkrimineller durchs Leben. Als der Kripobeamte bei einem seiner Einsätze stirbt, übernimmt sein Bruder dessen Identität - sowohl privat, als auch beruflich. Als Ex-Kleinkrimineller gelingt es ihm dabei besonders gut, sich in seine neuen Gegner hineinzudenken. Der zweite Pilot hört auf den Arbeitstitel "Single Cop" (Saxonia Media) und erzählt von einem Mann, der hin- und hergerissen ist zwischen seinem Leben als Cop und seinen Aufgaben als alleinerziehender Vater.

Auch aus dem Legal-Genre lässt RTL gleich zwei Serienpiloten produzieren. In "Plötzlich Anwalt" (UFA Fiction) geht es um einen Hausmann, dessen Frau Karriere macht und das Geld ranschafft. Doch als die plötzlich einen Anderen hat, wirft sie ihren Mann raus, der nun vor der Aufgabe steht, wieder selbst für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Also geht er zurück in seinen ursprünglichen Beruf - auch wenn er noch nie wirklich als Jurist praktiziert hat. Den zweiten Legal-Piloten, der von Talpa Germany produziert wird, beschrieb Hoffmann als eine Art "'Ritas Welt' in der Anwaltskanzlei". Die titelgebende "Jenny" ist eine ungelernte Anwaltsgehilfin, die ihren Chefs trotzdem das Wasser reichen kann, viele Fälle an sich reißt und diese häufig auch lösen kann.

Und schließlich kommt von Ulrike Leibfried, die einst bei RTL für Serien wie "Doctor's Diary" oder auch "Deutschland 83" verantwortlich war und kürzlich zur Ufa wechselte, noch ein Dramedy-Pilot mit dem Arbeitstitel "Sankt Maik". Auch hier steht ein Kleinkrimineller im Mittelpunkt, der durch Zufall in die Soutane eines Priesters schlüpft - und sich plötzlich in der Rolle des Gemeindepriesters wiederfindet. In dieser Rolle findet er sich erstaunlich gut zurecht, auch wenn ihn am meisten wurmt, dass er sich - zumindest offiziell - nicht verlieben darf.

All diese Serien-Piloten werden nun erst produziert, danach wird sich entscheiden, wieviele davon tatsächlich in Serie gehen werden - in der kommenden TV-Saison wird es also noch nichts davon zu sehen geben. Dafür stehen die neuen Sitcoms in den Startlöchern. Vier wurden angekündigt, zu sehen geben wird es zunächst allerdings nur drei. "Sehr bald" werde man im Programm "Nicht tot zu kriegen", "Magda macht das schon" und "Triple Ex" zu sehen bekommen. "Beste Schwestern" mit Mirja Boes und Sina Tkotsch wird hingegen erst in der übernächsten Saison zu sehen sein. Hier finden die Dreharbeiten nun erst im kommenden Sommer statt, wie Hoffmann ankündigte.

Weiter keine offizielle Bestätigung gab's unterdessen für eine Fortsetzung des Prestige-Projekts "Deutschland 83", nachdem DWDL.de bereits vor zwei Wochen berichtete, dass Amazon als neuer Partner an Bord kommen will. Frank Hoffmann sagte aber, dass die Produktion "unterm Strich ein Erfolg" gewesen sei, insbesondere hinsichtlich der Reputation, die man dadurch gewonnen habe. Er gehe zudem davon aus, dass es sowohl "Deutschland 86" als auch "Deutschland 89" geben werde. Doch diese Ankündigung liegt offenbar nicht mehr allein in der Hand von RTL.

Unter der strategischen Marschrichtung "mehr eigenes Programm" ist auch unterdessen auch noch eine andere Ankündigung zu sehen: So denke man bei den neuen Shows "It takes 2" und der von Barbara Schöneberger präsentierten Udo-Jürgens-Gala "Merci Udo" über eine Ausstrahlung am Sonntagabend nach. Angesichts der rückläufigen Quoten, die dort zuletzt mit US-Filmen zu holen waren, wäre eine Möglichkeit, dort zumindest die Anzahl der Wiederholungen alter Filme zu reduzieren, sicher nicht unwillkommen. An eigenproduzierten Filmen steht bei RTL als größtes Highlight die Neuauflage der Winnetou-Filme an. Hier verriet RTL auch bereits den Termin: Zu sehen sein werden diese voraussichtlich an Weihnachten.

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