Brigitte-Chef Andreas LebertHerr Lebert, mit der Entscheidung, künftig auf Models zu verzichten, ist Ihnen zumindest in der Kommunikation schonmal ein Coup gelungen. Aber wie haben Sie sich in Sachen Umsetzung abgesichert? Gibt es Marktforschungen, oder sagt Ihnen Ihr Bauch, dass die Entscheidung richtig ist?

Wir sind unsere eigene Marktforschung: Wir verfolgen die Veränderungen bei unseren Themen – Frauen, Mode und auch das Thema Mann – seit Jahren in intensiven Diskussionen mit unseren Leserinnen. Als wir jetzt unseren befreienden Ansatz zunächst einmal spielerisch verfolgt haben, haben wir sofort gemerkt, dass wir damit kreative Energien freisetzen. Uns war sofort klar: Ja, das ist richtig. Daraufhin haben wir auch unsere Leserbriefe und die Presseberichte zu diesem Thema noch einmal mit einen ganz anderen Blick gelesen. Es ist für ein Frauenmedium in jedem Fall richtig und für die "Brigitte" allemal. Mit der Entscheidung kommt nun sofort etwas in Gang – inklusive einem höheren Puls, weil wir noch nicht wissen, ob sich alles so umsetzen lässt, wie wir das vorhaben.

Mit der Entscheidung für Fotostrecken mit Laien, die eine Identität haben, verändert sich nicht nur die Ästehtik. Sie bekommen auch ein neues Storytelling-Element. Wie werden Sie das umsetzen?

In der kleinsten Variante ist es nur ein kurzer Abspann mit einem Hinweis auf die Identität der abgebildeten Frau. Aber wir können auch große Geschichten erzählen. Das lässt sich beliebig weiterentwickeln. Wenn wir mit einer Filmemacherin schon ein großes Interview gemacht haben, es aber kurz darauf schon wieder einen neuen Film gibt, können wir jetzt auch eine Modestrecke machen. Es ist eine völlig neue Plattform für so viele interessante Frauen und eine weitere Möglichkeit, Inhalte zu erschließen. Im Zentrum steht aber immer die schicke Mode, die mit hohem Aufwand produziert wurde und die Frauen zeigt, die es wirklich gibt und die durch ihre Ausstrahlung eine neue Facette eröffnen.
 

 
Also wird Veronica Ferres statt über ihren neuen Film zu sprechen vor Ihrer Kamera posieren?

Das haben wir ja alles schon gemacht, aber jetzt führen wir das konsequent weiter. Immer wenn wir es gemacht haben – mit Veronica Ferres oder Barbara Rudnik –, dann waren das die schönsten und besten Produktionen mit einer gewissen optischen Avantgarde.

Werden Sie die Menschen mit ihren Geschichten aus den Fotostrecken auch mit anderen Heftinhalten – zum Beispiel den Dossiers – verzahnen?

Auch das ist denkbar. Wenn wir zum Beispiel ein Dossier über Abiturienten machen, könnten wir auch mit fünf Schülerinnen eine Strecke über die neuen Trends bei langen Kleidern machen, klar.

Wie weit sind Sie schon mit der Vorproduktion?


Es gibt schon ein paar tolle Strecken. Allerdings müssen wir uns jetzt richtig ins Zeug legen, weil jetzt die großen Schauen  mit den Trends für das Frühjahr erst beginnen.

Gibt es für Ihr Vorhaben auf Profi-Models zu verzichten internationale Vorbilder?


Das ist unsere eigene Idee. Ich glaube sogar, dieser neue Weg ist ein weltweites Alleinstellungsmerkmal. Mir ist zumindest nichts Vergleichbares bekannt.
 
Lesen Sie auf der folgenden Seite, wie die Reaktionen bei Gruner + Jahr ausfielen und welche Erwartungen Lebert im Lesermarkt und hinsichtlich der Kosten an die Umstellung hat.