Logo: ProSiebenSAT.1Ein morgendlicher Blick auf die Themen des Tages sorgte am Mittwoch für Verwirrung. Im „Handelsblatt“ liest man pünktlich zum Auftakt der Medientage München die Überschrift „ProSiebenSat.1 plant Bezahl-TV“. Demnach plane der Konzern „für bisher frei empfangbare Sender wie ProSieben, Sat.1 oder Kabel Eins von den Zuschauern eine Nutzungsgebühr zu verlangen“, so der Artikel. Ein Satz mit so viel Sprengstoff, dass man besser mal nachfragt. ProSiebenSat.1-Sprecher Julian Geist, kurz vor der Eröffnung der Medientage München noch schnell erwischt, korrigiert den Eindruck des „Handelsblatt“-Berichts.

Kernbotschaft von Konzernchef Ebeling sei, dass man sich unabhängiger vom Werbemarkt machen soll. Wenn Ebeling sagt "Für die Zukunftsfähigkeit des Konzerns ist es enorm wichtig, dass wir Beziehungen zu den Endkunden aufbauen, etwa über Pay-TV, Video-on-Demand oder andere Geschäftsmodelle“, dann sei das allerdings keine Ankündigung von PayTV, da der Konzern bereits seit über drei Jahren mit Sat.1 Comedy und Kabel Eins Classics im PayTV aktiv sei und hier Wachstumsmöglichkeiten vermutet werden.
 

 
Ebenso wie man mit Maxdome auch im Bereich Video-on-Demand seit über drei Jahren am Markt ist. Wenn Ebeling von Nutzungsgebühren für ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins spreche, so Geist, dann bezieht sich das etwa auf den gemeinsam mit der Mediengruppe RTL Deutschland vorangetriebenen verschlüsselten HD-Standard HD+, bei dem die Nutzer 50 Euro im Jahr für die hochauflösende Variante sonstiger FreeTV-Sender bezahlen muss. Letztlich also schon PayTV - nur durch die Hintertür.

Eine weitere Variante, wie ProSiebenSat.1 Geld vom Zuschauer bekommen möchte, ist noch ungewöhnlicherer Natur. Ähnlich wie schon vor wenigen Monaten Elena Fedorova, die Geschäftsführerin des Fernsehsenders Das Vierte, wolle auch ProSiebenSat.1 die Diskussion darüber anstoßen, ob nicht auch die Privatsender an den Einnahmen aus den Rundfunkgebühren beteiligt werden sollten, erklärt Konzernsprecher Julian Geist am Mittwochmorgen auf DWDL.de-Nachfrage.

Diese Idee sei auch im Rahmen des „Handelsblatt“-Gesprächs gefallen, auch wenn sie sich nicht im Artikel wiederfindet. Die Forderung nach GEZ-Gebühren basiert auf der Einschätzung von ProSiebenSat.1, dass die Öffentlich-Rechtlichen sich immer mehr von ihrem Sendeauftrag entfernen und umgekehrt die Privatsender ja auch einige medienpolitische Anforderungen wie etwa Sendezeiten für unabhängige Dritte zu erfüllen hätten.

„Außerdem will sich die Sendergruppe aus München durch neue Geschäftsfelder verstärken. So plant das börsennotierte Unternehmen, das den Beteiligungsgesellschaften KKR und Permira gehört, eine eigene Fernsehproduktion aufzubauen“, berichtet das „Handelsblatt“ am Mittwoch weiter. Eine merkwürdige Formulierung angesichts der Tatsache, dass man mit Producers at Work seit 2005 längst eine eigene Produktionsfirma für fiktionale Programme und seit 2008 mit Redseven Entertainment auch eine Produktionsfirma für non-fiktionale Formate hat.

Vom Broadcastgeschäft abgesehen will Ebeling auch neue Geschäftsfelder für ProSiebenSat.1 erobern. So könne der Konzern etwa als Eventveranstalter, Künstleragentur, Ticketverkäufer oder im Merchandising-Geschäft mitverdienen, sagte er dem „Handelsblatt“. Das jedoch hatte er auch schon bereits im Sommer angekündigt.