RTL II-Programmdirektor Holger AndersenErlebt die kleine Studio-Show ein Revival? Zuletzt wurde das Genre durch die Dokusoaps beinahe ganz verdrängt…

Man muss auch sehen: Moderne Studioshows bestehen heutzutage zu einem großen Teil aus Einspielern. Da steht man schnell vor der Frage: Konzentriere ich mich nicht lieber gleich ganz auf die Einspieler? Oder werfe ich gleichzeitig noch den großen Studio-Apparat an. Das muss im Einzelfall Sinn machen und ist natürlich eine Kostenfrage. Da ist es gut, wenn man viele gute Show-Ideen hat und sie kostengünstig miteinander kombinieren kann.

Die "Der große Test"-Shows legen die Nachfrage nahe, wie es mit dem Sprung ins Genre der Gameshow aussieht?

Wir suchen in allen Genres nach neuen Ansätzen und sind offen für gute Ideen. Und mit der "Kreuzfahrt-Gameshow" haben wir bereits eine spannende Gameshow in der Vorbereitung. Damit kommt quasi die erste Doku-Soap Gameshow. Ohne zu viel zu verraten, begleiten wir fünf Paare auf einer Kreuzfahrt. Jeden Tag müssen die Kandidaten neuen Challenges über Land, Leute und örtliche Gegebenheiten stellen. Um zu gewinnen müssen die Paare schnell und kreativ sein und Hilfe bei den Einheimischen holen. Das wird spannend und ist Reisefieber und Traumschiff-Feeling pur.
 

 
Sehen Sie die Etablierung der Shows bei RTL II als größte Herausforderung 2010?

Herausforderungen gibt es viele. Eine sehr große Herausforderung war auch, die zehnte "Big Brother"-Staffel gut zu starten. Oder die Dokusoap "Frauentausch" auch nach 250 Folgen frisch zu halten. Das wird immer unterschätzt. Die Frage, was es Neues gibt, ist natürlich berechtigt. Aber die Kunst ist es eigentlich, Formate über zehn Jahre modern und erfolgreich zu halten. Denn was nützt einem ein Glühwürmchen für eine Nacht. Aber natürlich: Neue Genres zu etablieren ist eine riesige Herausforderung. Bei RTL II muss man dafür einen längeren Atem haben. Ein großer Sender kann Sachen platzieren und dann entscheidet der Zuschauer, ob er es sehen will oder nicht. Ein kleinerer Sender muss versuchen, durch komplementäre Programmierung seine eigene Nische zu finden und die Leute erst einmal darauf aufmerksam machen.

Bei RTL hatte jeder Abend eine klare Ausrichtung, bei RTL II war das nicht der Fall. Ein Spielplatz für einen Programmdirektor - oder ein Albtraum?

Es macht ja gerade Spaß, neue Sachen zu machen. Jeder der Programm machen möchte, denkt darüber nach, was er Neues machen kann. Wenn er auch noch den Sendeplatz dazu hat, dann um so besser. Natürlich sollte der Leidensdruck aber nicht zu groß sein, aber diese Not besteht bei RTL II ja nicht. Im Moment haben wir eine recht gute Mischung aus Sendeplatz-Möglichkeiten und kreativen Ideen. Das Dokusoap-Genre ist dabei ein Glücksfall. Selbst kleine Sender können sich jede Dokusoap-Idee leisten. Es scheitert nicht an den finanziellen Möglichkeiten und es gibt viele Firmen, die dieses Genre perfekt beherrschen, weil viele Leute aus dem Nachrichten- oder Magazinbereich sich da jetzt hineinbegeben.

Sie sprachen davon, den Produktionsfirmenkreis auszuweiten. Von welchen Firmen reden wir da?

Eyeworks macht beispielsweise die Test-Shows, mit Imago produzieren wir ein neues Format für den Vorabend. In "Die Schnäppchenhäuser" versuchen sich Leute mit kleinsten Mitteln den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Wir begleiten sie zu einer Hausauktion, wo sie ein Haus, das sie noch nie vorher gesehen haben, für wenig Geld ersteigern. Das müssen sie dann mit Eigenmitteln und der Unterstützung von Freunden so umbauen, dass sie dort einziehen können. Dahinter steht quasi eine Heldenreise. Die Leute sind voller Enthusiasmus und Elan. Das sind echte Emotionen und nicht gescriptet.